Blog, Industrie 4.0

#307 – «Alte» gegen den Status quo

Wir bringen Talente zusammen
Sachkenntnis und Empathie mit den «Sorgen» der Patrons von KMU helfen in Zeiten des Fachkräftemangels, bei der Optimierung von Prozessen. Kontaktieren Sie ganz unverbindlich «kompetenz60plus.ch», die Plattform für Klein- und Kleinstunternehmen wo man sich auf Augenhöhe begegnet. Das niederschwellige Kompetenzangebot, vom ehemaligen Bundesrichter, über die Eventplanerin, den Architekten, bis zum Nuklearingenieur oder Softwaredevelopper finden Sie ➔ hier. «Alte» Führungskräfte stellen sich gerne als Mentoren zur Verfügung und sind dank ihrer Weisheit, Gelassenheit, Erfahrung und Reife Ihre idealen Sparringspartner. Denn der Arbeitskräftemangel ist eben auch unserer Bequemlichkeit geschuldet. Nicht jede Stelle muss im gleichen Umfang sofort wieder besetzt werden. Oft liesse sich durch Optimierung oder Rationalisierung von Prozessen ein vermeintlicher Mangel an Personal anderweitig kompensieren. Viel zu oft beziehen sich Analysen und Berichte zur Lage am Arbeitsmarkt auf den Status quo, was mittelfristig in Frage gestellt werden darf. Die Vorteile künstlicher Intelligenz, der Einsatz digitaler Hilfsmittel in der Produktion sowie im Bürobereich, sind für viele KMU noch zu wenig greifbar. Insofern wird der gegenwärtige Mangel an Fachkräften, ähnlich wie die Arbeit von zuhause während der Corona-Pandemie, einen weiteren Digitalisierungsschub auslösen.

Bild: AI artificial intelligence – Future of Life Institute, Narberth, Pennsylvania, USA

Aus- und Weiterbildung sind wichtig
Im Jahr 2022 hatten wir in der Schweiz die tiefste Arbeitslosenquote seit über 20 Jahren schrieb Stephanie Cengiz von Loopings am 26. Januar 2023. Sie wollte herausfinden, was wohl dahinter steckt und was das für ältere Stellensuchende und für die Zukunft des Schweizer Arbeitsmarkts bedeutet. In ihrer Umfrage bei Expert:innen waren sich fast alle einig, dass die unerwartet starke und international fast gleichzeitig erfolgte Erholung der Wirtschaft im Nachgang zur Aufhebung vieler einschneidender Massnahmen zum Schutz vor dem Corona-Virus ein Hauptgrund ist. Doch Thomas Bauer von Travail Suisse warnt davor, die aktuelle Situation zu beschönigen. Ende 2022 waren immer noch 168’000 Personen auf einem RAV als stellensuchend registriert. Insgesamt liege die Anzahl an erwerbslosen Personen, unter Berücksichtigung der Ausgesteuerten, weiterhin deutlich über 200’000. Seit den 1990er Jahren ist die strukturelle Arbeitslosigkeit fast stetig angestiegen, stellt er fest. Dies spricht dafür, dass wir im Interesse aller, deutlich stärker in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmenden investieren sollten. Massnahmen sollen verhindern, dass insbesondere ältere Personen erst gar nicht erwerbslos werden. Für alle Altersgruppen gilt, dass diese ihre digitalen Skills à jour halten.

Potenziale älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nutzen
Befragt nach der Zukunft findet Michael Hasler von newplace AG, dass sich flächendeckend bei Vakanzen noch kein Trend zur Berücksichtigung älterer Stellensuchenden bemerkbar macht. Unternehmen werden jedoch kaum darum herumkommen, sich für den Erhalt der Arbeits(markt)fähigkeit ihrer Belegschaft – unabhängig vom Alter – zu bemühen und den Potenzialen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Beachtung zu schenken. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass die Zukunft der Arbeit anders aussehen wird. Mobile Geschäftsmodelle, Automatisierung, Roboter, online Verfügbarkeit, Innovationskultur, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Umwelt, Kundenzentrierung oder die Nutzung von Datenbanken sind nur einige Themen, die uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Einige Modelle machen es möglich, dass ältere Menschen in der virtuellen Welt Dinge tun können, die sie aufgrund von körperlichen Einschränkungen in der realen Welt nicht tun können, was den Fachkräftemangel weiter entschärfen wird.

Lücken füllen, welche die Babyboomer hinterlassen
Auch Pauline Turuban ist der Meinung, dass der aktuelle Arbeitskräftemangel auf mehrere strukturelle Faktoren zurückzuführen sei und nennt einige in ihrem Bericht vom 6. Februar 2023 auf SWI Swissinfo online. Sie bezieht sich dabei auch auf Philippe Wanner, Professor am Institut für Demografie und Sozioökonomie der Universität Genf. Wanner nennt die alternde Bevölkerung als grösste Herausforderung in den Industrieländern. Die Babyboomer – geboren während der Bevölkerungsexplosion zwischen 1945 und Anfang der 1960er Jahre – gehen in den Ruhestand. Dieser Trend dürfte im Jahr 2030 seinen Höhepunkt erreichen und ein schwer zu füllendes Vakuum hinterlassen. Denn schon heute treten weniger junge Arbeitnehmende ins Erwerbsleben ein, als «Alte» in Pension gehen. Diese Kluft wird sich bis zum Ende des Jahrzehnts nur noch vergrössern und es wäre töricht zu hoffen, dass Neugeburten das Problem lösen werden. Zumal in kapitalistischen Gesellschaften kinderreiche Familien mit zwei berufstätigen Eltern oft nicht vereinbar sind, stellt Wanner fest.

Fähigkeiten den Bedürfnissen anpassen
Er identifizierte deshalb zwei Hauptstrategien zur Lösung der Arbeitskrise. Die erste besteht darin, bestimmte Kategorien von unterbeschäftigten Arbeitnehmenden besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu gehören auch einige sinnentleerte «Bullshit Jobs» (David Graeber, US-amerikanischer Kulturanthropologe und Publizist). Der zweite Ansatz besteht darin, die Einwanderung zu fördern. Die Herausforderungen, vor denen die Volkswirtschaften der Welt stehen, sind nicht nur quantitativer, sondern auch qualitativer Natur. Die zunehmende Verlagerung hin zur Spezialisierung und zum Dienstleistungssektor führe zum Verschwinden bestimmter Berufe, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe; Es fördert auch die rasche Entwicklung anderer Berufe, beispielsweise in der Technologie. «Diese Veränderungen werden in Zukunft mit Fortschritten in der Robotik und künstlicher Intelligenz zweifellos noch auffälliger sein», sagt Wanner. Aber eine genaue Planung für den zukünftigen Bedarf ist sehr schwierig, insbesondere für Berufe, die es noch nicht gibt und er stellt fest: «Man muss in der Lage sein, die wirtschaftlichen Bedürfnisse in zehn Jahren vorherzusehen, um die allgemeine und berufliche Bildung entsprechend anzupassen.»

Die Revolution von künstlicher Intelligenz
Die Autoren eines Beitrags der BCG Boston Consulting Group vom 26. Januar 2023, setzen dabei auf den «Selbstlernzyklus» von künstlicher Intelligenz KI. Big Data und die Kraft von KI machen das einst Unmögliche plötzlich möglich. Durch die kluge Nutzung von Datenbanken können Unternehmen jetzt einen Einblick in ihre tatsächliche Leistung erhalten, während diese sich entfaltet. Anstelle einer Retrospektivenanalyse, wird es nun möglich sein, trotz vorhandenen Komplexitäten, Kurskorrekturen dynamisch und vorausschauend vorzunehmen. Durch das Einspeisen neuer Daten und das Hinzufügen von Daten aus dem Unternehmen verbessern sich die Algorithmen im Laufe der Zeit. Die Empfehlungsfunktion lernt, indem sie ihre Vorhersagen mit den tatsächlichen Ergebnissen vergleicht und entsprechend anpasst. Der sekundäre Lernzyklus wird durch die Analyse der anonymisierten Transformationsdaten anderer Unternehmen ermöglicht. Keine Organisation kann alle Mängel auf einmal beheben; aber Einblicke helfen, die Kompromisse zu beleuchten und Entscheidungen zu lenken, die Auswirkungen abzuschätzen und den Kurs zu korrigieren. Wenn der Algorithmus eine Gelegenheit zur Verbesserung von Massnahmen erkennt, können Anpassungen, wie Personalentscheide, schneller vorgenommen werden. Unternehmen müssen die richtigen Leute an den richtigen Stellen einsetzen und Erfahrung und Verantwortung als wesentliche Erfolgstreiber betrachten.

kompetenz60plus.ch, das Netzwerk von kompetenten «Alten»
kompetenz60plus.ch ist ein Netzwerk von kompetenten Fachleuten. Erfahrene «Alte» unterstützen KMU’s und Start-ups bei der Umsetzung innovativer Ideen und bei Herausforderungen aller Art – auf Augenhöhe. Registrieren Sie Ihre Kompetenz ➔ hier kostenlos oder suchen Sie auf unserem Portal eine Fachperson mit geeigneter Kompetenz. Unkompliziert und zu moderaten Bedingungen. Kontaktieren Sie uns mit Ihren Anfragen, ganz unverbindlich, per Mail an werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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#259 – Post-pandemischer Kulturwandel

Die Umgestaltung der DNA von Unternehmen
Wiederholt fragen mich Leute, weshalb es neben den unzähligen kommerziellen Job-Plattformen noch das Biotop «kompetenz60plus.ch» für über 60-jährige brauche. Da auf dieser Plattform nur ehrenamtliche, unbezahlte Jobs vorkommen, sehe man keinen Grund für deren Existenz. Nur ist «kompetenz60plus.ch» per se keine Job-Plattform, sondern ein Sammelbecken für kompetente Senioren, Mentoren, Sparringpartner, Beratende oder Coaches, die sich durch Weiterbildung aktiv an der Diskussion um die Zukunft beteiligen. Wer ist schon bereit, hohe Stundenansätze für beratungsresistente Berater zu bezahlen, die sich lediglich an der Vergangenheit orientieren. Das Ökosystem «kompetenz60plus.ch» ist ein Netzwerk von uns, für uns und kein «gemachtes Bett». Persönlichkeit ist wichtiger als das chronologische Alter. So gesehen ist «kompetenz60plus.ch» die gebündelte Erfahrung und gemeinsame Intelligenz von agilen «Alten», verfügbar im aktuellen Transformationsprozess, zur geplanten Umgestaltung der DNA von Unternehmen.

Erfahrung als Folge zunehmendem Alters
Ähnlich einer Visitenkarte, bietet «kompetenz60plus.ch» eine Möglichkeit um Kontakte zu knüpfen, notabene mit Menschen oder Unternehmen, die sonst nie auf uns aufmerksam würden. Wir «Alten» dürfen uns nicht an der ehrenamtlichen Komponente stören, die auch als Auftakt für weiterführende Aufgaben dienen kann. Unser unbestreitbar grösster Vorteil ist die gemachte Erfahrung, die nur mit dem Alter zu erreichen ist. Bekanntlich gibt es keinen «Master in Erfahrung». Wichtig bleibt deshalb das lebenslange Lernen, die Neugier, unsere Ausdauer und die Fähigkeit zur geschichtlichen Einordnung von Konzepten. «kompetenz60plus.ch» kombiniert unsere Erfahrung aus der analogen, mit den Erkenntnissen der digitalen Welt. Wir «Alten» sind gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Startup-Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen.

Stuttgart 21, Stützkelche des unterirdischen Bahnhofs 2022, aus World Architects. Foto: Jannik Walter

Führungsagenda 2022
Nach dem Wegfall von physischen persönlichen Interaktionen, welche im Arbeitsalltag unser Wohlbefinden für annähernd zwei Jahre negativ beeinflussten, freuen wir uns über die wiedergewonnene «Freiheit», die es uns erlaubt in vielen multidimensionalen, sich entwickelnden und überlappenden Herausforderungen einen aktiven Beitrag zu leisten. Dazu drei Themengebiete aus dem aktuellen BCG – The Boston Consulting Group Newsletter, die ganz oben auf der «Führungsagenda 2022» für KMU stehen sollten.

KI – Unternehmen für hervorragende Leistungen positionieren
Gemäss Francois Candelon, Managing Director & Senior Partner; Global Director, BCG Henderson Institute Paris, befinden wir uns an einem wichtigen Wendepunkt in der künstlichen Intelligenz (KI). Die «Patrons» von KMU wissen das und wären auch bereit ernsthafte Investitionen zu tätigen, nur wissen sie nicht wirklich, was sie damit anfangen sollen. Vier grundlegende Fähigkeiten machen KI aussergewöhnlich leistungsfähig: KI kann riesige Datenmengen in Echtzeit verarbeiten, kontinuierlich und selbstständig dazulernen und sich verbessern. In effektiver Kombination mit menschlichem Urteilsvermögen und Kreativität kann KI nahezu jeden Geschäftsprozess und jedes Betriebsmodell revolutionieren. KI ist eine mächtige Technologie, aber sie ist eben nur eine Technologie. Es erfordert menschliche Aufsicht, Neugier und Ausdauer, aber auch die Erfahrung von uns «Alten», um sicherzustellen, dass Entwickler und Führungskräfte KI verantwortungsvoll und im Einklang mit bestimmten Werten einsetzen und das volle Potenzial und die Risiken von KI verstehen.

Mitarbeitende, Wert eines Unternehmens
Unternehmen müssen ihre Beziehungen zu ihren Mitarbeitenden überdenken und neu Kalibrieren um die Abwanderung von Talenten zu verhindern, schreibt Deborah Lovich, Managing Director & Senior Partner Boston. Sie glaubt an die Loyalität der Menschen in einer Organisation. Aber Mitarbeitende suchen mehr als nur einen Job oder eine Karriere. COVID-19 hat uns klar gemacht, dass wir nicht leben wollen, um zu arbeiten. Wir wollen arbeiten um zu leben. Daher möchten wir, dass unsere Arbeit eine bessere Vergütung, mehr Flexibilität und eine tiefere Verbindung zu Kolleg:innen, Führungskräften und Firmenzielen bietet. Die besten Mitarbeitenden müssen über genügend Entscheidungsfreiheit und Ressourcen verfügen, um ihren Beitrag aufzuwerten. Hier können wir «Alten» als Mentoren oder Coaches mit unserer Erfahrung vermitteln. Bildung, Weiterbildung und Umschulung sind von entscheidender Bedeutung, da die Technologie die erforderlichen Fähigkeiten fortlaufend ändert.

Innovationen vorantreiben – Sprint versus Marathon
Der Wettbewerb um die Innovationsgeschwindigkeit sollte für 2022 eine dringende Priorität sein, finden Karalee Close, Managing Director & Senior Partner; Global Leader, Technology Advantage Practice London. KMU-Verantwortliche staunten lange Zeit wie die «Digital Natives» es schaffen, so schnell innovativ zu sein und sie nicht. Dann kam die COVID-19-Pandemie, und die Notwendigkeit für neue Ebenen der Innovation wurden geschaffen. Innerhalb weniger Monate lernten Unternehmen, wie man online Geschäfte abwickelt und als Team aus der Ferne zusammen arbeitet. Wirtschaftsführer rissen traditionelle Barrieren nieder, arbeiteten über funktionale Silos hinweg, um Innovationen voranzutreiben. Im Wesentlichen haben wir gesehen, dass sich traditionelle Marktteilnehmer fast wie Digital Natives verhielten. Auch agile «Alte» arbeiten auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden» in Teams, um Innovationen nicht in Zyklen von Jahren, sondern in Monaten und sogar Wochen zu entwickeln. Mit modernen Ansätze für Technologie und Daten sowie Änderungen in Prozessen und Arbeitsweisen treiben sie kontinuierlich Innovationen voran und sind um einen echten Kulturwandel bemüht. Mittels kleiner Schritte in kleinen agilen Teams soll der «Funke» der digitalen Transformation auf die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens übergreifen.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


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#232 – Glauben statt Wissen

Handwerk zur Digitalisierung
Wir «Alten» besitzen aus unserer Erfahrung, das Wissen über die Mechanik. Mit Interesse verfolgen wir analoge Vorgänge und sind begeistert wenn es raucht, stinkt und kracht. Viel Lärm gilt als Zeichen harter Arbeit und wird vom Umfeld entsprechend wahrgenommen. Ganz anders verhält es sich beim Zugang zur digitalen Welt, die für viele, auch mangels Interesse, eine mysteriöse Blackbox bleibt und trotz ähnlicher Prinzipien unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Stunden verbrachte ich in der Werkstatt meines Vaters, wo ich lernte, welches Werkzeug für welches Material und dessen Bearbeitung geeignet ist. Materialien und Werkzeuge haben sich zwischenzeitlich verändert und Handwerk wird immer mehr durch digitalisierte Prozesse ersetzt. Jüngeren Generationen fehlt demzufolge der Bezug zur «analogen» Praxis. Kulturen werden vermischt, Algorithmen beschreiben alternative Lösungsansätze, die Erfahrung beschränkt sich oft auf die Nutzung digitaler Anwendungen. Doch mit Hilfe des technologischen Wissens und der Begeisterung von «jungen Wilden», arbeiten gemischte Teams zusammen mit «Alten», erfolgreich am Brückenschlag zwischen dem analogen und dem digitalen Handwerk.

Selbstbildnis «Man with a Feather», 1943, Lucian Michael Freud (1922-2011)

Glaube als die Ohnmacht des Wissens
Dazu müssen auch wir «Alten» uns aktiv mit den neuen Technologien befassen, versuchen im Fachjargon zu kommunizieren. Ansonsten vertrauen wir in unserem Alltag blind den technischen Geräten, ohne deren Funktionieren zu verstehen: im Flugzeug, im Auto, im Operationssaal. Wir vertrauen den Technologien, weil wir sie nicht kontrollieren können; aber wir vertrauen ihnen auch, weil sie unser Leben erleichtern und bisweilen auch retten. In seinem Gastkommentar in der NZZ vom 2. August 2021, beschreibt Manfred Schneider (77), emeritierter Professor für deutsche Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, wie wir uns zusehends in eine selbstverschuldete Unmündigkeit begeben. In Anlehnung an die Zeit der Aufklärung im Mittelalter, stellt er fest, wie sich heute die Epoche der «Entzauberung», im Zeichen der KI künstlichen Intelligenz, wieder zu schliessen beginnt. Wo dem Wissen die Zugänge versperrt sind, bleibt nur das Glauben. Wir benötigten eigentlich täglich neue Aufklärung über das, was die KI in der Blackbox-Tiefe der Hochleistungsrechner vollbringt, sinniert er. Denn das Wissen über die ungeheure und stets wachsende Menge von Big Data, die im sogenannten Deep Learning der KI verarbeitet wird, verwalten nur noch Spezialisten. Er beschreibt den Glauben als die Ohnmacht des Wissens. In seiner positiven Spielart heisst das Glauben Vertrauen. Die von Algorithmen gesteuerte Hypermoderne beginnt auf diese Weise jenem Mittelalter ähnlich zu werden, das man das «dunkle Zeitalter» nannte. Vor den neuen Wundern der künstlichen Intelligenz stehen wir mit der gleichen frommen Ergebenheit wie der mittelalterliche Mensch vor Gottes unbegreiflicher Schöpfung.

Blackbox der beraubten Freiheit
Schneider beschreibt, wie wir fasziniert vor den Leistungen dieser hypermodernen Blackbox der künstlichen Intelligenz stehen, bezaubert und ratlos, vor allem jedoch im Gefühl der Unausweichlichkeit. Wir müssen uns auf diese hochkomplexen Berechnungen verlassen: Börsenkurse, Märkte, Wetter, Krankheitsdiagnosen, Navigationssysteme, Spracherkennung – das Leben stützt sich auf immer mehr Automaten und Applikationen. Längst sind unsere eigenen Computer oder Mobiltelefone Blackboxes. Ihr Funktionieren ist für uns eher rätselhaft, oft unerwünscht, auf jeden Fall wenig zugänglich, wir wissen nicht, was mit den Daten geschieht, die unsere elektronischen Geräte liefern. Erst recht wissen wir nicht, was in Zukunft daraus wird. Er konstatiert, wie rasant die technisch hervorgebrachten Zonen des Unbeobachtbaren in den sogenannten Darknets oder im Cyberspace wachsen und klärt auf, wie das griechische Wort für das Unbeobachtbare und Verborgene «kryptos» lautet. Dieses Dunkel-Wort läuft in vielen Varianten durch die Jargons des Digitalen, man denke an Kryptografie, an Kryptowährungen und nicht zuletzt an den Kryptokrieg um den Zugang zu verschlüsselten Daten, der zwischen Geheimdiensten und Internetanbietern tobt. Der Maschinenpark der Entlastungen, der durch die KI ständig wächst, beschert uns Bequemlichkeit, aber raubt uns Freiheit. Die Erzählung vom Wohl der «algorithmischen Systeme» unterschlägt, dass wir mit dem Verzicht auf Autonomie, auf kritische Überprüfung und auf Wissen die grossen, wichtigen, mühsam errungenen Freiheiten der Aufklärung dahingeben.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung und Engagement aus der analogen Welt sind wir «Alten» gerüstet, im Team zusammen mit dem digitalen Wissen der «jungen Wilden», Prioritäten und Ideen mit Engagement und auf Augenhöhe in Ergebnisse umzusetzen. «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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