Blog, Industrie 4.0

#178 – Gedanken für die Sommerpause

Es mangelt am Willen zu verstehen
Wenn der älteste von sieben Bundesrät*innen «nicht drauskommt» und sich öffentlich äussert, die SwissCovid-19 App auf seinem Smartphone deswegen nicht zu installieren, läuft etwas falsch. Eigentlich müsste der Strukturwandel von oben vorgelebt werden um in der breiten Bevölkerung Akzeptanz zu finden. Wir «Alten» disqualifizieren uns selbst durch ständige Ablehnung des Neuen. Es geht dabei auch nicht nur um einzelne «Verweigerer», sondern um eine «(Alters-)Kultur» der fehlenden Konzepte, Weitsicht und Strategien, als Folge von Wohlstand und lückenhafter (Weiter-)Bildung. Seit Jahrzehnten wird zum Beispiel an der IT-Struktur des Bundes «geflickt», ohne wirklichen Fortschritt. Mit der Corona-Krise wurde deutlich, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) immer noch zur Übermittlung von Excel-Tabellen auf Faxgeräte angewiesen ist. Im Jahr 2020 werden demzufolge Statistiken händisch und damit fehleranfällig ins Internet gestellt. Eine kluge Nutzung der Digitalisierung sieht anders aus. Siehe dazu auch den Beitrag von Larissa Rhyn, NZZ vom 10.Juli 2020: «Teile der öffentlichen Verwaltung sind in den 1990er Jahren stehengeblieben». Der internationale Konkurrenzdruck ist viel zu gross als dass sich die Privatwirtschaft solchen «Heimatschutz» am Arbeitsplatz leisten könnte. Daraus erklärt sich weshalb viele ältere Mitarbeitende in den vergangenen 10 Jahren ihre Stelle verloren und Leute über 50, ohne relevante Weiterbildung, arbeitslos bleiben.

Mumbai, India. Bild: © Johnny Miller Photography

Künstliche Intelligenz dank analoger Erfahrung
In ihrem Beitrag «Künstliche Intelligenz (KI): Die Corona-Krise bringt den nächsten Technologieschub» beschreibt Nicole Rütti, NZZ vom 7. Juli 2020, wie die Privatwirtschaft verstärkt auf Automatisierung setzt. Videokonferenzen, Home-Office und intelligente Assistenten: Die Corona-Krise habe zu einem Technologieschub geführt, der zu einer Umwälzung der Arbeitswelt führen werde, frohlocken Ökonomen. «Wir haben in den zurückliegenden Wochen die Digitalisierung light kennengelernt und gemerkt, dass damit neue Organisationsformen möglich sind», sagt Rafael Lalive, Professor für Arbeitsmarktökonomie und technologische Transformation an der Universität Lausanne. Roboterassistenten übernehmen immer mehr Routinearbeiten, in Krisenphasen gehen vor allem Arbeitsplätze in Berufen mit einem hohen Automatisierungspotenzial verloren. Der schon nach der Finanzkrise vor über 10 Jahren prophezeite Strukturwandel erhält nun einen weiteren Schub, auch für KMU. Bedroht sind vor allem Stellen, für die ein mittleres Qualifikationsniveau – beziehungsweise eine Lehre ohne anschliessende Weiterbildung – erforderlich ist. Ältere Mitarbeitende, mit ihrer Resistenz gegenüber digitalen Technologien, sind ebenfalls betroffen. Im Gegenzug ist der Anteil an Jobs für Hochqualifizierte in den zurückliegenden Jahren stark gestiegen. Auch aufgeschlossene und agile «Alte», dank ihrer breiten analogen Erfahrung, sind involviert bei der Umsetzung digitaler Projekte.

Sind Firmen für den nächsten Digitalisierungsschritt bereit?
Die Zurückhaltung der Firmen gegenüber der künstlichen Intelligenz scheint derzeit noch gross zu sein. Die meisten haben erst vage Vorstellungen davon, wie sich entsprechende Lösungen in profitable Geschäftsmodelle umsetzen lassen. Experten schätzen, dass sich der Anteil der Schweizer Unternehmen, die auf KI-Technologie setzen, gerade einmal im einstelligen Prozentbereich bewegt. Selbstlernende Maschinen brauchten derzeit noch zu viele Daten, verbrauchten viel Energie und verstünden im Grund nicht, was sie täten. Klar ist, dass die Diskrepanz zwischen den angeblich unbeschränkten Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz und ihrem tatsächlichen Anwendungsgebiet gross ist. Insgesamt zeichnet sich eher ein Miteinander von Maschinen und Mensch ab. «Langweilige Tätigkeiten werden automatisiert, während der Mensch mehr Zeit für kreative, intellektuelle und emotionale Arbeit erhält», erläutert Rafael Lalive. Er räumt ein, dass künstliche Intelligenz derzeit wenige Arbeitsplätze verändert. Ob und in welchen Bereichen sich daraus Produktivitätsfortschritte ergeben, muss sich erst noch zeigen. Was nicht heisst, dass wir uns zurücklehnen dürfen.

Das Wissen der «Jungen» und die Erfahrung der «Alten» nutzen
In ihrem Beitrag in der NZZ vom 13.Januar 2020, beschreibt Nicole Rütti wie mangelndes Vertrauen in die Technologie und fehlende Erfahrung der Entscheidungsträger notwendige Fortschritte verhindern. Ein aktuelles Beispiel dafür ist für mich die fehlende Unterstützung der zuständigen Bundesrätin beim Ausbau des G5-Netzes. Laut einer Erhebung der Management-Consulting-Gruppe MSM Research ist für beinahe die Hälfte der Ende 2018 befragten Unternehmen in der Schweiz der konkrete Nutzen von KI-Lösungen nach wie vor nicht ersichtlich. Eine Knacknuss ist hierbei nicht zuletzt der Wissensmangel: 58% der Firmen nennen fehlendes internes Know-how (Bildungslücken) als Hemmfaktor für die Einführung von KI-Technologien – noch vor hohen Kosten (33%) oder Sicherheitsaspekten (33%). Das Thema KI in seiner ganzen Tiefe und Bandbreite sei bei der Mehrheit der Unternehmen noch nicht wirklich angekommen, stellen die Autoren etwas konsterniert fest.

Künstliche Intelligenz braucht menschliches Urteilsvermögen
Eine weitere Hürde für den Einsatz künstlicher Intelligenz sei das (auch kulturbedingte) Misstrauen der Menschen gegenüber der Technik. Wenn es zu Fehlern komme, verlören Betroffene schneller das Vertrauen in Algorithmen als in Menschen. Berater von McKinsey kamen anhand der Analyse von mehr als 2000 Arbeitstätigkeiten in über 800 Berufen zwar ebenfalls zur Erkenntnis, dass ungefähr die Hälfte der von den Arbeitnehmern ausgeführten Tätigkeiten von der Automatisierung betroffen sein könnten. Dies heisst aber nicht, dass in absehbarer Zeit ganze Berufsgruppen verschwinden werden. Wie die Experten einräumen, könnten mit den derzeitigen Technologien nur etwa 5% der Berufe vollständig automatisiert werden. Mit anderen Worten: Die Automatisierung von Routinetätigkeiten ist in vollem Gange, und sie wird sich auf die Arbeitsweise zahlreicher Berufsgruppen auswirken – vom Schweisser über den Hypothekenmakler bis hin zum CEO. Beim Erstellen von Prognosen wird die Technik des maschinellen Lernens den Menschen voraussichtlich ersetzen. Dort aber, wo menschliches Urteilsvermögen gefragt ist, ergänzt sie ihn. Überflüssig macht sie den Menschen nicht.

Kompetente Senioren denken mit
«kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. «Alte», Frauen und Männer, im Team auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden», stellen ihre Erfahrung mit Leidenschaft zur Verfügung. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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Neustart ohne Kravatte

«Mit 50 Jahren höre ich auf» Das schwören vor allem Menschen, die in ihrem Beruf viel Geld verdient haben. Sie wollen endlich das Leben geniessen. Kann das gut gehen? Beitrag von Anne-Ev Ustorf, #12, 8. August 2018, Zusammenfassung WKR

Vorruhestand wird Jahr für Jahr beliebter
Rente mit fünfzig – davon träumen viele Menschen. Tatsächlich wird der Vorruhestand auch hierzulande Jahr für Jahr beliebter: Eine Studie des Pensionskassenberaters Swisscanto zeigte kürzlich, dass sich 58 Prozent der Schweizer Bevölkerung früh pensionieren lassen. Nur 32 Prozent arbeiten demnach bis zum gesetzlichen Rentenalter, 10 Prozent darüber hinaus. Doch die Rente mit 50 ist noch eine Seltenheit, sicher auch aus finanziellen Gründen. Ganz zu schweigen davon, dass der Wirtschaft wertvolles Wissen verloren geht.

Frühpensionierung macht nur selten glücklich
Wie fühlt es sich an, in der Mitte des Lebens den Job an den Nagel zu hängen? Wer heute fünfzig ist, hat normalerweise noch ein knappes Drittel seines Arbeitslebens vor sich, manche starten in dieser Phase sogar beruflich noch neu durch. Sich um den Garten kümmern und vormittags ins Museum gehen füllt den Tag nur bedingt aus. Es ist gemäss Studien sogar ungesund, ohne eine sinnstiftende Tätigkeit zu leben: Frühpensionierte haben demnach sogar eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung. Regelmässige körperliche und geistige Aktivität ausserhalb bezahlter Arbeit herzustellen ist nicht so einfach wie man glaubt.

Neustart ohne Kravatte
Nach einer anfänglichen Phase des «Nichtstuns» bemühen sich deshalb viele um eine Teilzeitstelle. Es ist befriedigend, wieder «gebraucht» zu werden und an den aktuellen Diskussionen teilzuhaben. Dass man nicht mehr der «Chef» ist und auf Augenhöhe im jüngeren Team funktionieren muss ist ein erfrischender Nebeneffekt. Anstatt sich um die Details im Tagesgeschäft zu kümmern ist Kompetenz und Erfahrung gefragt. Diese weiterzugeben garantiert die notwendige Kontinuität und hilft im viel diskutierten Fachkräftemangel. Auch für die Partnerschaft ist es besser, wenn beide ihre eigenen Aufgaben haben um sich darüber auszutauschen. Eine angemessene finanzielle Entschädigung käme dann einfach zur regulären Altersvorsorge dazu, insgesamt sehr komfortabel.

Das Projekt «kompetenz60plus.ch»
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Automatisierung

«Dass uns wegen der Automatisierung die Arbeit ausgeht, ist wenig plausibel» war der Titel eines Beitrags in der NZZ vom 3. Mai 2018. Von Caspar Hirschi, Professor für Geschichte an der Universität St. Gallen, zusammengefasst von WKR.

Wiederkehrende Ängste
Für uns «Alte», die wir oft verunsichert sind, tönt das alles ziemlich beängstigend. Der Weg in die Zukunft ist jedoch mit alten Ideen gepflastert. Heute gilt das besonders für die Prognose von radikal neuen Zeiten, in denen eine künstliche Superintelligenz uns Menschen in arbeitslose Nichtsnutze verwandeln werde, umgeben von Robotern, die uns observierten, mit uns kommunizierten und sich zum Trost für uns prostituierten. Die Ideen, aus denen die Prognose zusammengesetzt ist, sind fünfzig bis zweihundertfünfzig Jahre alt, und um ihre empirische Grundlage steht es heute nicht viel besser als früher.

Bild: Akio Kon, Bloomberg 2018

Maschinelle Datenverarbeitung
Jacques Vauquanson, hatte mit seiner digitalen Technologie die «Robotik» des 18. Jahrhunderts revolutioniert: Er baute nach 1730 menschenähnliche Automaten, darunter einen berühmten Flötenspieler, der mithilfe einer Stiftwalze musizieren konnte. Im späten 19. Jahrhundert wurde das digitale Programmiersystem der Lochkarte bereits für Rechenleistungen eingesetzt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt nahmen Maschinen den Menschen auch intellektuelle Arbeit ab, und gewisse Aufgaben erledigten sie rasch effizienter. 1890 setzte das Census Bureau der Vereinigten Staaten eine von Herman Hollerith entwickelte Lochkartenprogrammierung für die Volkszählung ein und beschleunigte damit die Auswertung der gesammelten Daten um mehrere Jahre. Wir blicken also auf 130 Jahre der maschinellen Datenverarbeitung zurück, und trotz enormen Fortschritten fehlen bis heute konkrete Anhaltspunkte, dass den Menschen deswegen die Arbeit ausgehen könnte.

Enttäuschte Hoffnungen
Aufschlussreich ist der Vergleich mit der Nachkriegszeit, als die meisten Szenarien und Rezepte entworfen wurden, die derzeit wieder ins Spiel gebracht werden – von der künstlichen Superintelligenz bis zum bedingungslosen Grundeinkommen. Damals wie heute war die Zeit von gewaltigen Automatisierungsängsten geprägt. Gleichzeitig machten sich Hoffnungen breit auf einen vollautomatisierten Haushalt, angeregt durch Geräte wie Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kühlschränke, Elektroherde und intelligente Backöfen. Heute stehen die Dinge anders: Maschinen können noch so raffiniert sein – wenn sie keine Nachfrage erzeugen, werden sie zu smartem Müll.

Schaufenster Zürich, Bild: WKR

Automatisierungsapokalyptik
Die Angst vor der Automatisierung hat derzeit wieder Hochkonjunktur. Berater, Journalisten und Wissenschafter schüren diese Angst – teils aus Unwissen, teils aus Eigennutz. Wenn Berater die Manager mit gewagten Prognosen zum Glauben verleiten, es werde in nächster Zukunft alles anders, steigt deren Beratungsbedürfnis, es geht um ein Milliardengeschäft. Journalisten gehören zu den Berufsgruppen, die am stärksten von der Digitalisierung betroffen sind. Wenn diese zu Propheten einer intelligenten Roboterwelt ohne arbeitende Menschen werden, verdecken sie gerade die Gefahren, denen sie selbst ausgesetzt sind. Auch die Wissenschaft bewirtschaftet aktiv eine Automatisierungsapokalyptik. In einer umstrittenen Oxford-Studie haben Forscher behauptet, dass in naher Zukunft Mitarbeitende in «rund 47%» aller Berufe von der Automatisierung betroffen sein, respektive ihren Job verlieren werden. Da gilt es Augenmass zu wahren.

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