Blog, Industrie 4.0

«Alte» sind nicht nur Opfer des Erfolgs

«Jeder zweite Arbeitslose über 58 findet keine neue Stelle» ist der Titel des Beitrags von Albert Steck, NZZ am Sonntag, 7. Juli 2019. Kurz zusammengefasst: Ältere Arbeitnehmer kämpfen mit grossen Nachteilen bei der Stellensuche. Erstmals zeigen Zahlen, wie hoch das Risiko ist, ausgesteuert zu werden. Die Betroffenen verlieren das Recht auf Hilfe.

«Alte» in der Opferrolle
Bund und Parlament suchen also nach Lösungen, wie uns «Alten» zu helfen wäre. Doch nicht alle von uns sehen sich in einer Opferrolle. Vielleicht haben wir einfach keine Lust oder Zeit uns mit der (baldigen) Pensionierung auseinanderzusetzen, weil wir noch Freude und Erfolg haben bei der Arbeit. Täglich berichten Zeitungen, Radio- und Fernsehkommentatoren über Systemfehler in der Altersvorsorge, notwendige Schritte zur Vermeidung von Altersdiskriminierung bei der Stellensuche um gleichzeitig den Fachkräftemangel zu erwähnen. Diese Fachkräfte sind unter Anderen wir «Alten». Staatliche Weiterbildungsprogramme sollen Abhilfe schaffen obwohl wir wissen, dass diese bei den Betroffenen auf wenig Interesse stossen und deren Nutzen mehr als zweifelhaft ist. Schon zu meiner Schulzeit gab es diejenigen, welche nicht schnell genug eine Lehre beginnen konnten um bereits als Teenager viel Geld zu verdienen. Sich weiter zu bilden war nur etwas für Streber. In Zeiten der Hochkonjunktur mit einer grossmehrheitlich erwerbstätigen Bevölkerung störte dies niemanden.

Hans Staub, Zürcher Illustrierten, Kletterstangen um ca. 1940. Bild:fotostiftung.ch

Wir alle tragen die Verantwortung
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird auch gerne mit der Finanzkrise vor über 10 Jahren in Verbindung gebracht, nach der sich die Firmen nie richtig erholt hätten. Übersehen wird, dass zeitgleich mit der Finanzkrise die Auswirkungen der digitalen Revolution offensichtlich wurden (das iPhone kam 2007 auf den Markt!). Das schweizerische Abwarten und hoffen, dass der Trend vorbeigeht, wird heute vielen Unternehmen zum Verhängnis. Man denke nur an die aktuelle Diskussion über den Detailhandel im Zusammenhang mit dem Onlinegeschäft (Amazon wurde vor 25 Jahren gegründet!). Ältere Mitarbeitende können oder wollen sich mit den veränderten Rahmenbedingungen nicht anfreunden. Ihre Vorgesetzten sind oft selbst überfordert und verpassten es, ihre Teams für das Neue zu begeistern. So werden «Alte» zunehmend als Last empfunden und verlieren ihre Stelle. Ersetzt werden sie oft durch weniger erfahrene aber selbstbewusste «junge Wilde» (Siehe auch René Scheu, NZZ 9.7.2019, Eliten…). Dabei fehlt es in den Betrieben an einer für die Transformation notwendigen digitalen «Kultur» welche nicht einfach so entsteht, sondern von den Führungsverantwortlichen vorgelebt werden müsste. Man schiebt also die Verantwortung für die eigenen Versäumnisse und fehlenden Visionen ab auf die Arbeitnehmenden und lässt den Staat bezahlen. Für mich schliesst sich so der Kreis zur lückenhaften Bildung als Resultat des über Jahrzehnte andauernden Wohlstands. Man ist träge geworden und in seiner Denkweise festgefahren. Nur fünf Prozent der Unternehmen haben das Gefühl, dass sie die Digitalisierung insofern gemeistert haben, dass sie sich nun von ihren Mitbewerbern unterscheiden. Testen Sie dazu Ihr Unternehmen kostenlos unter diesem Link: https://lnkd.in/geKdmy2 

Auch für uns «Alte» gilt die Probezeit
Die gegenwärtige Diskussion ist nicht repräsentativ für alle «Alten», vor allem nicht für diejenigen welche auf Grund veralteter Reglemente beim Erreichen eines gewissen Alters zwangspensioniert werden. Viele von uns sind weiterhin im Bereich Konzeption, strategische Leitung oder Mitarbeit bei der Umsetzung von Projekten zusammen mit jüngeren Teams von Fachleuten tätig. Unsere Erfahrung und der Wille weiterhin zu arbeiten, mit zu Gestalten, Einfluss zu nehmen und Fragen zu stellen, stehen zum Beispiel auch im Rahmen befristeter Mandate zur Verfügung. Zu unseren Stärken zählt das Beziehungsnetz, ein Höchstmass an Begeisterungsfähigkeit und Erfolgsorientierung, gepaart mit der notwendigen Geschicklichkeit und Ausdauer. Wir müssen die Chancen welche durchaus vorhanden sind proaktiv anpacken, uns einbringen, mitdenken, mitgestalten und vor allem einen messbaren Mehrwert generieren. Wir müssen Verlässlich sein, bescheiden und nicht abgehoben besserwisserisch, offen sein für Neues, willig sein im Team mit jüngeren auf Augenhöhe zu diskutieren und nicht zuletzt unsere Lohnvorstellungen dem effektiven Nutzen anpassen. Auf Seiten Arbeitgebende, Firmenpatrons oder Agenturen braucht es allenfalls Offenheit zum Gespräch. Wenig ist verloren, auch einmal einen älteren Menschen zum Interview einzuladen. Auch für uns «Alte» gilt die Probezeit und das Schweizer Arbeitsgesetz kennt (noch) keinen Kündigungsschutz für ältere Mitarbeitende, sollten diese die Erwartungen nicht erfüllen.

Flexible «Alte» gesucht
Neu in dieser Konstellation ist lediglich, dass wir den Verlauf der Dinge in Zukunft immer weniger voraussehen können. Alles ist im Fluss, die Rahmenbedingungen verändern sich laufend, weil simultan Tausende weltweit an ähnlichen Ideen werkeln. Das bedingt Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und ­kollaborative Fähigkeiten. Wir «Alten» haben den Vorteil, dass wir schon vieles miterleben und mitprägen durften – mit Höhen und Tiefen. Wir sind auch schon gescheitert, das gehört dazu. Unsere vielleicht grösste Kompetenz ist der Verstand und unsere Aussensicht. Ohne Karrieredruck und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten haben wir das Privileg, unsere Energie und Kompetenz für Projekte einzusetzen wo das Endprodukt noch nicht feststeht. «kompetenz60plus.ch» ist die Plattform für interessierte und kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber jüngeren Generationen bewusst sind.

Bitte machen Sie mit, wir freuen uns über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
Linkedin: kompetenz60plus.ch | Skype: live:werner_2636

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Alte und ihre «Regenbogenkarrieren»

Warten auf den «letzten» Tag
(Inspiration: «Ältere Arbeitssuchende: ein Problem mit politischer Sprengkraft»
Nicole Rütti, NZZ vom 23.2.2019)

Einige Unternehmen betrachten ältere Mitarbeitende eher als lästigen Kostenblock denn als loyale Arbeitskräfte mit wertvollen Betriebskenntnissen. Doch Arbeitgebende, die das Potenzial der Älteren nicht zu schätzen wissen, disqualifizieren sich längerfristig selber. Vorurteile über die angebliche Inflexibilität älterer Arbeitnehmenden, über deren mangelnde Lernbereitschaft und fehlende Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem halten sich auch in kleineren Betrieben (KMU) hartnäckig. Die nach Alter gestaffelten Pensionskassenbeiträge, welche die Arbeitsleistung älterer Arbeitskräfte verteuern ist auch nicht das Killerkriterium, wie oft dargestellt. Die Beschäftigungsfähigkeit hängt nämlich nicht in erster Linie vom Alter, sondern vielmehr vom individuellen Lebenslauf, von den beruflichen Fähigkeiten und von persönlichen Kompetenzen ab. Voraussetzung ist auch ein gesundes Betriebsklima, denn eine mangelhafte Unternehmenskultur ist meist schuld am Desinteresse der Mitarbeitenden, diese warten dann (oft jahrelang) auf den «letzten» Tag.

Bild: Christian Beutler / NZZ 23.2.2019

«Regenbogenkarrieren» zeigen den Weg
Als Lösungsansatz bietet sich die vielzitierte «Regenbogenkarriere» an: Der schrittweise Abbau von Anforderungen, Lohn und Führungsverantwortung für ältere Mitarbeitende. Dies erfordert sowohl von Arbeitnehmenden als auch von Arbeitgebenden ein Umdenken. Mehr Flexibilität bei den Löhnen, der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse sowie der beruflichen Laufbahnen wäre zentral, um ältere Arbeitskräfte verstärkt im Arbeitsmarkt zu halten und deren Potenzial weiterhin zu nutzen. Im Gespräch auf Augenhöhe offenbaren sich auch immer wieder versteckte Fähigkeiten und Interessen, wertvolle Erfahrungen am Ende einer «Karriere» und ohne Angst vor dem Stellenverlust, die ein Unternehmen weiter bringen.

Ins Ungesicherte denken
(Inspiration: «Sind wir noch exzentrisch oder nurmehr Schafe?»
Roman Bucheli, NZZ vom 23.2.2019)

Die Welt braucht dringend mehr originelle Köpfe. Zu viele denken und reden in vorgespurten Bahnen. Die Gegenwart und viele ihrer kleinmütigen Zeitgenossen hätten es wohl nötiger denn je, über die engen Grenzen ihres Denkens hinausgetrieben zu werden. Wir brauchen Menschen, die auf Augenhöhe miteinander sprechen und einander nichts schenken und dabei das Beste aus sich herausholen. Gerade ältere Mitmenschen strahlen in ihrer Unantastbarkeit eine gewisse Gelassenheit aus, eine Narrenfreiheit oder einfach Freiheit. Es sind die Freiheiten, die sich der selbstbestimmte, unabhängige, eigenwillige, kurz: der exzentrische Einzelne, im Denken und Handeln nimmt. Diese Originalität gilt es zu schützen und zu befördern, wenn es denn mit der Welt vorangehen solle.

Kompetente Ältere gesucht
«kompetenz60plus.ch», die Plattform als Sammelbecken kompetenter Senioren welche sich ihrer Verantwortung gegenüber jüngeren Generationen bewusst sind, war Gegenstand eines doppelseitigen Zeitungsartikels Ende Januar 2019 in der Schweizerischen Gewerbezeitung  und wurde als Videobeitrag (3:43′) «FokusKMU» im Lokalfernsehen diesen Februar gezeigt*.  Das Echo war erstaunlich positiv. Unter den Rückmeldungen war auch die Anfrage eines bekannten Lehrmittelverlags aus Zürich. Netzwerke wie «kompetenz60plus.ch» erschliessen dem Verlag das Wissen und die (Lebens-)Erfahrung von «Alten». Ermöglicht wird eine Art Generationenmanagement (Talente finden, Wissen auffangen, Wissen erhalten). Ein Projekt «von uns. für uns».

Bitte engagieren Sie sich, wir freuen uns über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
Linkedin: Werner K. Rüegger | Skype: wernerkrueegger

 

  • Die Auswertung der Zuschauerzahlen hat gezeigt, diese Sendung war von allen Sendungen der Schweizerische Gewerbezeitung sgz in den zwei Jahren seit Bestehen des Formats eine der meist gesehenen. Auf TeleZüri war es die drittbeste Sendung für die sgz überhaupt.