Blog, Industrie 4.0

Weiterbildung im Alter

Weiterbildung und Umschulung sind unumgänglich
Im Beitrag von Melanie Wirz «Verzweifelt gesucht: Arbeit», Beobachter vom 07. November 2019, äussert sich Martin Vetterli, Präsident der EPFL in Lausanne dahingehend, dass stetige Weiterbildung und Umschulungen unumgänglich sind, sonst bleibe die Schweiz nicht wettbewerbsfähig. Wenn man das Land sicher durch die vierte industrielle Revolution führen wolle, müsse man die Arbeitswelt und die Gesellschaft darauf vorbereiten.

Proaktiv unsere Zukunft gestalten
Für uns «Alte» ist Weiterbildung zu oft etwas für die Anderen. Wir haben ja schliesslich unseren Fähigkeitsausweis oder unsere Diplome, die uns gemäss Definition einen garantierten Platz im Erwerbsleben sichern sollten. Zwar spüren wir seit 30 Jahren fast täglich den Einfluss der «digitalen Revolution» auf Wirtschaft und Gesellschaft. Und obwohl viele Berufe nur noch im Museum zu besichtigen sind, klammern wir uns an die Hoffnung, dass wir diese Entwicklungen blind «überleben» werden. Wir sind (ohne Grund) davon überzeugt, dass Papier-Tageszeitungen nie verschwinden werden oder das G5-Netzwerk schlecht ist für unsere Gesundheit. Wir verdrängen die sich abzeichnenden Strömungen, tun uns schwer mit Veränderungen und rufen nach staatlichen Regulierungen oder Überbrückungsprogrammen, anstatt proaktiv zu handeln.

Bild: Ritchie B. Tonga / EPA

Wie die Elektronengehirne die Welt eroberten
Stefan Betschon berichtet in der NZZ vom 19.10.2019 über die Entstehung künstlicher Intelligenz. Nach dem zweiten Weltkrieg, also vor 75 Jahren, war in den USA an der Harvard-Universität in Cambridge ein fünf Tonnen schwerer, schlicht Mark 1 genannter elektromechanischer Computer im Einsatz, der auch von den Physikern benutzt wurde, die sich mit dem Bau von Atombomben beschäftigten. In Philadelphia, an der elektrotechnischen Abteilung der Universität, waren Techniker fieberhaft mit der Fertigstellung eines Electronic Numerical Integrator and Computer (Eniac) mit 20 000 Elektronenröhren beschäftigt. Sie wurden von der amerikanischen Armee bezahlt und ihre Maschine sollte die Berechnung von Artillerie-Tabellen beschleunigen.

Neuronale Systeme
1946 erlebte der Eniac anlässlich einer Pressekonferenz sein öffentliches Debüt. Nur wenige Journalisten waren damals in der Lage, diese Neuerung ohne Bezugnahme auf das eigene Gehirn zu beschreiben: «30 Tonnen schweres Elektronengehirn denkt schneller als Einstein» («Philadelphia Evening Bulletin»), «Elektronengehirn berechnet 100-Jahr-Problem in zwei Stunden» («New York Herald Tribune»), «Electronic Super Brain» («Washington Post»). Einzig die Wissenschaftsjournalisten blieben gelassen, im «Scientific American» und in «Nature» ist von Rechenmaschinen die Rede. Bald eroberten die «electronic brains» auch den deutschen Sprachraum. «Das Elektronengehirn ähnelt dem menschlichen so sehr», so berichtete «Die Zeit» 1949, «dass es, wenn man ihm zu viel zumutet, eine Art ‹Nervenzusammenbruch› erleidet, denselben Gedanken immerfort wiederholt oder Kauderwelsch hervorbringt.» Man war skeptisch.

Wörter sind mehr als nur Etiketten
Die Redeweise vom Elektronengehirn schuf die Voraussetzungen dafür, dass Computerwissenschafter, die Intelligenz künstlich herstellen wollten, oder Psychologen, die den Menschen als «informationsverarbeitendes System» interpretierten, auf Verständnis hoffen durften. Die Konstrukteure der ersten Computer haben nicht an biologischen Systemen Mass genommen. Es waren Aussenstehende, die diesen Zusammenhang herstellten und um den Computer zu beschreiben Bezüge zur Biologie herstellten. Computer, so argumentierten sie, funktionierten ähnlich wie das menschliche Nervensystem. «Es ist einfach zu erkennen, dass Neuronenfunktionen durch Telegrafenrelais oder durch Vakuumröhren imitiert werden können.» Wörter sind mehr als nur Etiketten, die man den Dingen anhängt, sie sind Schlüssel, die Assoziationsräume aufschliessen und Denkzusammenhänge schaffen; Begriffe sind Werkzeuge, die das zu Begreifende formen.

Diese Entwicklung haben wir mitgetragen
Die Generation 60plus ist vor diesem Hintergrund aufgewachsen, viele haben an der Entwicklung mitgearbeitet und wichtige Entscheide gefällt. Warum also sind wir «Alten» oft charakterlich nicht dazu disponiert, uns auf die neue Zeit einzustellen und verabschieden uns aus der Diskussion. Greta Thunberg hat entfacht, was es lange Zeit nicht mehr gab: eine Jugendbewegung. Für diese «Jungen» stellt sich die Welt nicht als eine der fälligen, aber noch nicht gefallenen Entscheidungen dar, sondern als eine der falsch gefallenen Entscheidungen. Siehe auch den Beitrag von Jan Söffner, NZZ vom 10.11.2019 «Warum sich in Krisenzeiten viele charismatische Köpfe zeigen.»

Kompetente «Alte» gesucht
Zwar fehlt uns vielleicht das Wissen zum aktuellen Stand der Technik, doch dank unserer (Lebens-)Erfahrung sollten wir uns aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen. Auf Augenhöhe mit den Jungen und einer gewissen Bescheidenheit, ohne Besserwisserei. Genaueres zur Plattform «kompetenz60plus.ch» erfahren Sie im doppelseitigen Beitrag von Anfang Jahr in der Schweizerischen Gewerbezeitung oder im Videoclip (3:43′) «FokusKMU» für das Lokalfernsehen vom vergangenen Februar.

Bitte machen Sie mit, wir freuen uns über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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«Alte» sind nicht nur Opfer des Erfolgs

«Jeder zweite Arbeitslose über 58 findet keine neue Stelle» ist der Titel des Beitrags von Albert Steck, NZZ am Sonntag, 7. Juli 2019. Kurz zusammengefasst: Ältere Arbeitnehmer kämpfen mit grossen Nachteilen bei der Stellensuche. Erstmals zeigen Zahlen, wie hoch das Risiko ist, ausgesteuert zu werden. Die Betroffenen verlieren das Recht auf Hilfe.

«Alte» in der Opferrolle
Bund und Parlament suchen also nach Lösungen, wie uns «Alten» zu helfen wäre. Doch nicht alle von uns sehen sich in einer Opferrolle. Vielleicht haben wir einfach keine Lust oder Zeit uns mit der (baldigen) Pensionierung auseinanderzusetzen, weil wir noch Freude und Erfolg haben bei der Arbeit. Täglich berichten Zeitungen, Radio- und Fernsehkommentatoren über Systemfehler in der Altersvorsorge, notwendige Schritte zur Vermeidung von Altersdiskriminierung bei der Stellensuche um gleichzeitig den Fachkräftemangel zu erwähnen. Diese Fachkräfte sind unter Anderen wir «Alten». Staatliche Weiterbildungsprogramme sollen Abhilfe schaffen obwohl wir wissen, dass diese bei den Betroffenen auf wenig Interesse stossen und deren Nutzen mehr als zweifelhaft ist. Schon zu meiner Schulzeit gab es diejenigen, welche nicht schnell genug eine Lehre beginnen konnten um bereits als Teenager viel Geld zu verdienen. Sich weiter zu bilden war nur etwas für Streber. In Zeiten der Hochkonjunktur mit einer grossmehrheitlich erwerbstätigen Bevölkerung störte dies niemanden.

Hans Staub, Zürcher Illustrierten, Kletterstangen um ca. 1940. Bild:fotostiftung.ch

Wir alle tragen die Verantwortung
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird auch gerne mit der Finanzkrise vor über 10 Jahren in Verbindung gebracht, nach der sich die Firmen nie richtig erholt hätten. Übersehen wird, dass zeitgleich mit der Finanzkrise die Auswirkungen der digitalen Revolution offensichtlich wurden (das iPhone kam 2007 auf den Markt!). Das schweizerische Abwarten und hoffen, dass der Trend vorbeigeht, wird heute vielen Unternehmen zum Verhängnis. Man denke nur an die aktuelle Diskussion über den Detailhandel im Zusammenhang mit dem Onlinegeschäft (Amazon wurde vor 25 Jahren gegründet!). Ältere Mitarbeitende können oder wollen sich mit den veränderten Rahmenbedingungen nicht anfreunden. Ihre Vorgesetzten sind oft selbst überfordert und verpassten es, ihre Teams für das Neue zu begeistern. So werden «Alte» zunehmend als Last empfunden und verlieren ihre Stelle. Ersetzt werden sie oft durch weniger erfahrene aber selbstbewusste «junge Wilde» (Siehe auch René Scheu, NZZ 9.7.2019, Eliten…). Dabei fehlt es in den Betrieben an einer für die Transformation notwendigen digitalen «Kultur» welche nicht einfach so entsteht, sondern von den Führungsverantwortlichen vorgelebt werden müsste. Man schiebt also die Verantwortung für die eigenen Versäumnisse und fehlenden Visionen ab auf die Arbeitnehmenden und lässt den Staat bezahlen. Für mich schliesst sich so der Kreis zur lückenhaften Bildung als Resultat des über Jahrzehnte andauernden Wohlstands. Man ist träge geworden und in seiner Denkweise festgefahren. Nur fünf Prozent der Unternehmen haben das Gefühl, dass sie die Digitalisierung insofern gemeistert haben, dass sie sich nun von ihren Mitbewerbern unterscheiden. Testen Sie dazu Ihr Unternehmen kostenlos unter diesem Link: https://lnkd.in/geKdmy2 

Auch für uns «Alte» gilt die Probezeit
Die gegenwärtige Diskussion ist nicht repräsentativ für alle «Alten», vor allem nicht für diejenigen welche auf Grund veralteter Reglemente beim Erreichen eines gewissen Alters zwangspensioniert werden. Viele von uns sind weiterhin im Bereich Konzeption, strategische Leitung oder Mitarbeit bei der Umsetzung von Projekten zusammen mit jüngeren Teams von Fachleuten tätig. Unsere Erfahrung und der Wille weiterhin zu arbeiten, mit zu Gestalten, Einfluss zu nehmen und Fragen zu stellen, stehen zum Beispiel auch im Rahmen befristeter Mandate zur Verfügung. Zu unseren Stärken zählt das Beziehungsnetz, ein Höchstmass an Begeisterungsfähigkeit und Erfolgsorientierung, gepaart mit der notwendigen Geschicklichkeit und Ausdauer. Wir müssen die Chancen welche durchaus vorhanden sind proaktiv anpacken, uns einbringen, mitdenken, mitgestalten und vor allem einen messbaren Mehrwert generieren. Wir müssen Verlässlich sein, bescheiden und nicht abgehoben besserwisserisch, offen sein für Neues, willig sein im Team mit jüngeren auf Augenhöhe zu diskutieren und nicht zuletzt unsere Lohnvorstellungen dem effektiven Nutzen anpassen. Auf Seiten Arbeitgebende, Firmenpatrons oder Agenturen braucht es allenfalls Offenheit zum Gespräch. Wenig ist verloren, auch einmal einen älteren Menschen zum Interview einzuladen. Auch für uns «Alte» gilt die Probezeit und das Schweizer Arbeitsgesetz kennt (noch) keinen Kündigungsschutz für ältere Mitarbeitende, sollten diese die Erwartungen nicht erfüllen.

Flexible «Alte» gesucht
Neu in dieser Konstellation ist lediglich, dass wir den Verlauf der Dinge in Zukunft immer weniger voraussehen können. Alles ist im Fluss, die Rahmenbedingungen verändern sich laufend, weil simultan Tausende weltweit an ähnlichen Ideen werkeln. Das bedingt Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und ­kollaborative Fähigkeiten. Wir «Alten» haben den Vorteil, dass wir schon vieles miterleben und mitprägen durften – mit Höhen und Tiefen. Wir sind auch schon gescheitert, das gehört dazu. Unsere vielleicht grösste Kompetenz ist der Verstand und unsere Aussensicht. Ohne Karrieredruck und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten haben wir das Privileg, unsere Energie und Kompetenz für Projekte einzusetzen wo das Endprodukt noch nicht feststeht. «kompetenz60plus.ch» ist die Plattform für interessierte und kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber jüngeren Generationen bewusst sind.

Bitte machen Sie mit, wir freuen uns über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
Linkedin: kompetenz60plus.ch | Skype: live:werner_2636