Mehr Offenheit und Experimentierfreude sind gefragt
Je älter die Bevölkerung insgesamt wird, desto mehr werden die Unternehmen darüber nachdenken müssen, wie sie das Potenzial der älteren Arbeitskräfte besser ausschöpfen könnten und wie die unterschiedlichen Generationen sinnvoll zusammenarbeiten könnten. Aus gesellschaftlicher Sicht erfordert die steigende Lebenserwartung, dass auch die Altersgrenze am Arbeitsmarkt höher zu liegen kommt. Viele heutige Massnahmen zielen stattdessen auf eine Entlastung in den Jahren vor der ordentlichen Pensionierung ab. Mit 65 oder noch früher in den Ruhestand zu treten, ist im Hinblick auf die Restlebenszeit bei guter Gesundheit ein Irrsinn.
Negative Wahrnehmung ändern
Im Beitrag von Christin Severin, «Neue Zürcher Zeitung» auf KMU-Today-online, mit dem Titel «Generation 50 plus: von der Altlast zur strategischen Reserve» schreibt die Wirtschaftsredaktorin über Ideen wie sich die Reserve der Generation 50 plus besser ausschöpfen liesse. Dabei erproben Unternehmen flexible Arbeitsmodelle. Künftig werden sie aber noch stärker umdenken müssen. Denn gut ausgebildete Fachkräfte werden auf dem Arbeitsmarkt knapper. 30 Prozent der Arbeitnehmenden in der Schweiz sind heute 50 Jahre und älter. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer werden den Arbeitsmarkt bis 2029 verlassen. Viele Arbeitgebende zögern mit Neuanstellungen von älteren Mitarbeitenden, diese kämpfen am Arbeitsmarkt mit einer negativen Wahrnehmung (nicht flexibel genug, zu teuer, etc.). Trotz Digitalisierung und Offshoring wird es nicht unbedingt einfacher, die Lücken mit ausländischen Arbeitskräften zu füllen, denn in den Nachbarländern ist die Lage mit einer guten Konjunktur, geringer Arbeitslosigkeit und demselben demografischen Wandel ähnlich wie in der Schweiz.

Was geschieht, wenn uns die Arbeit ausgeht?
Wir «Alten» wollen noch gebraucht werden. Im Alter schrumpft zwar die eigene Zukunft, deshalb lohnt es sich in die Zukunft anderer zu investieren, als Coaches, Mentoren oder Sparring-Partner die Jüngeren auf Augenhöhe zu fördern. Der Mensch will arbeiten, vorwärtskommen, Karriere machen. Warum eigentlich? schreibt Robin Schwarzenbach in der NZZ vom 9. Juni 2022 und wählt als Ausgangspunkt Hannah Arendt’s (1906-1975) Hauptwerk von 1958 «Vita activa oder Vom tätigen Leben» (The Human Condition) für seine Betrachtung. Arbeit ist für Arendt nicht mit Freiheit verbunden, sondern stellt einen Zwang zur Erhaltung des Lebens dar, dem der Mensch von der Geburt bis zum Tod ständig unterliegt. Auf der Grundlage der Arbeit, die seine Existenz sichert, beginnt der Mensch über die Endlichkeit seines Daseins nachzudenken. Was wäre der Mensch ohne Arbeit, ohne Aufgabe? Manager ohne Quartalsziele, Journalist:innen ohne Texte, Kindergärtner:innen ohne Kinder im Kindergarten? Im Kontext der Digitalisierung und Automatisierung besteht die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. «Work-Life-Balance»? Der Begriff ist irreführend meint Schwarzenbach. Arbeit ist Teil des Lebens. Wir sollten die Frage umdrehen: Was macht der Mensch aus seiner Zwangslage, dass er arbeiten muss, um Geld zu verdienen? Schafft er es, der existenziellen Krise zu entgehen, die ihm ob all dem dolce far niente drohen würde, wenn er plötzlich nichts mehr zu schaffen hätte?
Leidenschaft und Begeisterung
Robin Schwarzenbach findet, dass die eigenen Möglichkeiten immer im Zentrum stehen sollten: «Wisse, was du willst und was du kannst. Damit du deine Arbeit im Griff hast und nicht umgekehrt. Man sollte einstehen für die eigenen Wünsche, die eigenen Interessen. Glauben daran, dass man hierfür fast alles lernen kann, wenn man nur will und fleissig ist. Sein eigener Kompass statt fremdbestimmt sein, zumindest bei den beruflichen Zielen, von denen man sich durch nichts und niemanden abbringen lassen sollte». Allein, für diese Erkenntnis braucht es Erfahrung und wahrscheinlich auch die eine oder andere Enttäuschung, das kennen wir «Alten» aus unserer Vergangenheit. Aber muss es immer nach oben gehen, wenn man Karriere machen will? Flache Hierarchien in vielen Firmen machen es schwierig, aufzusteigen. Dort sind Innovation oder Kreativität gefragt. Karriere bedeutet Berufung. Man kann nur gut sein, wenn man Leidenschaft und Begeisterung hat für das was man kann.
Hört auf mit Personalentwicklung!
Was wir aktuell wirklich brauchen ist Führungsentwicklung, schrieb jemand auf der online Plattform LinkedIn. Wir brauchen in den Führungsetagen eine neue Denkweise. Erst wenn wir diese haben, ist Personalentwicklung wieder sinnvoll möglich. Mit den alten Modellen und Glaubenssätzen werden wir langfristig scheitern. Jetzt ist die Zeit, Führung eine neue Richtung zu geben, sie aus der Hand zu geben anstatt noch mehr in die Hand zu nehmen. Die Investition in die Entwicklung zukunftsfähiger Denkweisen von Führungskräften lohnt sich, damit sich Organisation und Menschen wieder wirklich entfalten und ihr Potenzial abrufen können. Wir werden staunen, was Mitarbeitende, auch ältere, alles zustande bringen, wenn man sie machen lässt.
«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!
Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator
Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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