Blog, Industrie 4.0

#317 – Lernen dank künstlicher Intelligenz

Wie künstliche Intelligenz lernt
KI wie ChatGPT verstehen heute natürliche Sprache und können auf Knopfdruck Bilder herstellen, weil die Computer leistungsfähiger geworden sind. Alle fünf Jahre wird das Rechnen zehnmal billiger, alle dreissig Jahre also eine Million Mal. Bedeutsam für neuronale KI war unter anderem, dass man die Vorteile der früher vor allem in Videospielen eingesetzten Grafikkarten entdeckte. Sie sind gut im parallelen Verarbeiten von Signalen, so wie das Gehirn. Dies hat der KI einen grossen Sprung ermöglicht, sagt der Pionier der KI-Forschung, Jürgen Schmidhuber (60), im Interview mit Alain Zucker, 29. April 2023, NZZmagazin. Schmidhuber vergleicht den Lernprozess von KI mit der Entwicklung des Hirns eines Babys. Lernfähigkeit ist in der Tat das zentrale Merkmal der modernen künstlichen Intelligenz! Im Gegensatz zu bisherige KI-Methoden, wie Sprachübersetzungen, die Anhand vieler Trainingsbeispiele, etwa aus dem Europäischen Parlament, beispielsweise deutsche Texte ins Französische übersetzen, lernen künstliche neuronale Netze, Sprache oder Video zu erkennen, Handlungen vorherzusagen und Belohnungen zu maximieren.

Kreativität dank «künstlicher Neugier»
Ein Baby ist kreativ. Erst hat es keine Ahnung von nichts, weiss nicht einmal, dass es Augen oder Finger hat. Mit zunächst zufälligen Ausgaben seines Gehirns bewegt es seine Finger und lernt über seine Kameras, also die Augen, was dies bedeutet, um immer besser voraussagen zu können, was als Nächstes passieren wird. Es konzentriert sich dabei auf Dinge, die es noch nicht gut kennt. Es ist wie ein kleiner Wissenschafter, der Experimente durchführt. Was passiert, wenn ich meinen Finger so krümme? Und was das Baby einmal versteht, wird langweilig, es wendet sich Neuem zu und dehnt so den Horizont seines Wissens aus.

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation: 2023 Works of Wonder, Erweiterung des Naturhistorischen Museums von Studio Gang Architekten, New York. Bild: Timothy Schenck/© AMNH

Der Wettstreit um Albert Einstein
Gemäss Jürgen Schmidhuber können (neuronale) KI-Netzwerke durchaus kreativ sein und so erklärt er gleich sein erstes kreatives neuronales System aus dem Jahr 1998 wie folgt:
«Zwei neuronale Netzwerke sind zu Beginn völlig ahnungslos. Das erste produziert anfänglich zufällige Handlungsanweisungen («Bewege den Arm wie folgt . . .»), während das zweite vorherzusagen versucht, was genau dabei herauskommen wird («Was sieht man, wenn man den Arm beobachtet . . .»). Das zweite ist also nur damit beschäftigt, Prognosen aufgrund der Anweisungen zu machen und sich durch den Abgleich mit den beobachteten Resultaten zu verbessern. Aber das erste Netzwerk fängt an, mit dem zweiten zu kämpfen. Es versucht, Anweisungen zu produzieren, deren Folgen das zweite Netzwerk überraschen. Das erste will den Prognosefehler maximieren, das zweite ihn minimieren: Das führt zu ständigem Lernen der beiden Netzwerke, die im Wettbewerb miteinander stehen, und zwingt das erste dazu, kreativ zu sein und sich immer wieder neue, überraschende Experimente auszudenken. Der Programmierer hat keine Ahnung, was bei so einem Wettstreit herauskommen wird. So wie die biologische Evolution keine Ahnung hatte, dass der Kampf unzähliger menschlicher Wettstreiter einst einen Albert Einstein hervorbringen würde.»

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation, 2023. Bild: John Hill/World-Architects

Sprachroboter wie ChatGPT
ChatGPT wiederum beruht auf einem Netz namens «Transformer» und ist damit eher wie ein anderes Netz, über das Schmidhuber vor dreissig Jahren publizierte. Damit lässt sich unter anderem gut voraussagen, was in einer Geschichte das nächste Wort sein soll. Was ist die natürliche Weiterführung eines Gesprächs? Hat man Millionen von Gesprächen gelesen, lässt sich dies ganz gut prophezeien, weil man wiederkehrende Muster erkennt. ChatGPT weiss daher mehr als viele Menschen und fasst auf Befehl Dokumente zusammen oder schreibt sie fort.

Der Mensch verschwindet nicht
Mit künstlicher Intelligenz betriebene Netzwerke werden für den Optimisten Schmidhuber in absehbarer Zeit bessere allgemeine Problemlöser sein als alle Menschen, die irgendwann wohl nicht mehr die Wichtigsten sein werden, aber nicht verschwinden. Schauen Sie sich um, sagt er, die Ameisen sind ja auch noch da! Die gibt es schon viel länger als die Menschen, und obwohl wir klüger sind, haben wir kein Interesse daran, alle Ameisen auszurotten. Schon als Bub in den 1970er Jahren wurde ihm klar, dass es zu seinen Lebzeiten eine neue Sorte von Intelligenz geben könnte, die seine eigene armselige übersteigt. Die Grenzen künstlicher Intelligenz bestehen aber heute weiterhin, sobald man den virtuellen Raum verlässt und dahin geht, wo reale Zimmerleute arbeiten, Fussballer Bälle jonglieren und Produkte gefertigt werden. Kein Roboter kann (vorläufig) auch nur annähernd mithalten mit dem unglaublichen Geschick eines Handwerkers – oder den Fussballkünsten eines 7-Jährigen. Daraus ergibt sich, dass manche Schreibtischtäter heute eher ersetzbar sind als Handwerker.

«Künstliche Intelligenz ist gefährlicher als der Klimawandel»
Der Klimawandel verändert die Menschheit nicht. Er bedroht uns von aussen, aber er ändert nichts an dem, was es bedeutet, Mensch zu sein. Die neuen Technologien wie KI und Bioengineering – also Eingriffe ins Hirn – werden aber höchstwahrscheinlich die Menschheit komplett verändern. Yuval Noah Harari (47), Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem, im Interview mit Rico Bandle, 29. April 2023, TA-SonntagsZeitung, zeichnet ein dystopisches Bild von künstlichen Intelligenzen, die bald superschlau sind und die Menschen versklaven, wenn man sie nicht eng kontrolliert und reguliert.

Neue Technologien als zerstörer von Zivilisation
Neue Technologien könnten die Grundlagen unserer Zivilisation zerstören. Der Mensch sei einfacher zu manipulieren, als er denke. Harari, der weltbekannte Bestsellerautor und Mitunterzeichner des offenen Briefs zum sofortigen Entwicklungs-Stopp für leistungsfähige KI-Modelle glaubt an die Möglichkeit, dass die Technologie auch neue Bücher schreiben könne, mit eigenen, originellen Gedanken, was zu einem gesellschaftlichen Kontrollverlust führen könnte. Deshalb ist die Entwicklung dieser KI nicht mit anderen Erfindungen zu vergleichen. Als Beispiele nennt er den Buchdruck oder andere Informationstechnologien wie das Radio, welche nur die Ideen von Menschen kopieren und verbreiten konnten, jedoch keine neuen hervorbringen. Leute sagen dann, auch KI sammle doch nur Ideen und kombiniere sie dann einfach auf eine neue Art. Aber das ist genau das, was auch Menschen tun. Für seine Bücher lese er viele andere Bücher, nehme Ideen von hier und von dort, daraus entsteht dann etwas Neues.

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation, 2023. Bild: John Hill/World-Architects

Werden wir bald überflüssig?
Yuval Harari argumentiert mit den menschlichen Mechanismen zur Kreativität. Der Mensch startet nie bei null. Es gibt keine Explosion im Hirn, die etwas völlig Neues herausbringt. In der Kunst oder der Musik baut alles auf früheren Werken auf. Künstler:innen verstehen es, bereits vorhandene Muster zu verändern, zu durchbrechen oder zu kombinieren. Das ist dann deren neue Schöpfung. Die Möglichkeiten des Menschen sind allerdings begrenzt. Komponist:innen können unmöglich alle Musikstücke hören, die je geschaffen wurden, um sich inspirieren zu lassen, sondern nur eine kleine Auswahl. KI hingegen kann das, deshalb wird sie uns Menschen irgendwann auch in der Kunst überholen, oder uns den Job wegnehmen. Experten in den USA warnen aber davor, künstliche Intelligenz in den Schulen zu verbieten. Sie fordern im Gegenteil einen proaktiven Umgang mit Sprach-KI – und weisen auf neu entstehende Berufsfelder hin: Teilweise seien für Prompt Engineers Gehälter von mehr als 300’000 Dollar möglich, schreibt Marie-Astrid Langer in der NZZ vom 2. Mai 2023. Die Welt verändert sich in immer höherem Tempo. Harari ratet deshalb, unseren Kindern vor allem beizubringen, wie man ein Leben lang lernt und sich ständig auf neue Situationen einstellt. Das ist viel wichtiger, als ihnen spezifisches Fachwissen wie Programmieren beizubringen. Die Leute müssen viel flexibler werden, ein Leben lang dazulernen, sich immer wieder neu erfinden.

KI Tutoren und Assistenten in der Bildung
Sal Khan (47), Gründer und Leiter der Khan Academy spricht im TED Talk 2023 über den Einsatz des Khanmigo chatbots auf der gemeinnützigen, kostenlosen Online-Bildungsplattform seiner Organisation. Diese hat seit ihrer Gründung in 2008 über 6’500 Videolektionen mit einem breiten Spektrum an akademischen Fächern produziert, ursprünglich mit den Schwerpunkten Mathematik und Naturwissenschaften. Im Gegensatz zu den Schlagzeilen der letzten Monate, insbesondere im Bildungsbereich, welche den Schüler:innen unterstellen, ChatGPT und andere Formen der KI nur zu verwenden, um zu schummeln und ihre Aufgaben zu erledigen, oder dass KI die Bildung, wie wir sie kennen, vollständig untergraben wird und die Schüler dabei nichts lernen werden, ist Khan ist überzeugt, dass wir an der Schwelle zum Einsatz von KI für die wahrscheinlich grösste positive Transformation stehen, welche die Bildung je gesehen hat. Mit den richtigen Leitplanken, wird die Technologie jedem Schüler und jeder Schülerin auf dem Planeten einen künstlich intelligenten, aber erstaunlich persönlichen Tutor geben und jedem Lehrer, jeder Lehrerin auf dem Planeten einen erstaunlichen, künstlich intelligenten Lehrassistenten zur Seite stellen können.

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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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#265 – Bildung, Ausbildung, Weiterbildung

Schwachstellen im Schweizer Bildungssystem
Auslöser für diesen Blog sind Meldungen über gut bis sehr gut ausgebildete Menschen aus der Ukraine, welche dank ihrer Anpassungsfähigkeit, ihrer Arbeitsethik und trotz Sprachbarrieren, innert kürzester Zeit einen Platz auf dem Schweizer Arbeitsmarkt finden. Das ist beeindruckend und beleuchtet die Schwachstellen im schweizerischen Bildungssystem. Das erklärt auch, gemäss Bericht im NZZ Magazin vom 10. April 2022, die Offensive des Zürcher Bankenverbands. Das traditionelle KV-Modell soll durch eine «neue» Lehre mit vorgeschobener Schulbildung, als Gegenmodell zum Gymnasium angeboten werden. Bei der Besetzung von Führungspositionen besteht bekanntlich seit Jahrzehnten ein Mangel an «einheimischen» Kandidat:innen. Im Gesundheitswesen, an den Hochschulen, aber auch in «Expertengremien» der Verwaltung sind wir auf das Wissen von Absolventen ausländischer Bildungsinstitutionen angewiesen. Der hohe Stellenwert von Allgemeinbildung muss in der Schweiz wieder salonfähig werden.

Mangelnde Grundkompetenzen trotz Schulbesuch
In seinem Beitrag berichtet Nils Pfändler in der NZZ vom 28. März 2022 darüber, wie Im Kanton Zürich laut einer Studie rund 15 Prozent der Bevölkerung Mühe mit Lesen, Schreiben oder Rechnen hat. Sie können keinen Computer bedienen oder sich mündlich nicht korrekt ausdrücken. Das sind mehr als 140’000 Personen im Kanton. Laut der Studie haben zwei Drittel mindestens die Hälfte der Volksschule hierzulande absolviert und verfügen trotzdem über mangelnde Grundkompetenzen. Vor bald dreissig Jahren erstellte man Tabulatoren noch mit der Schreibmaschine. Heute muss man dafür ein Computerprogramm bedienen können, was zum Stellenverlust im Alter von 50 Jahren führt. Pfändlers Beispiele beleuchten, wie Menschen mehr als ihr halbes Leben lang, trotz Schulobligatorium einer Stelle nachgingen, ohne dass diese Mängel bemerkt wurden. Viele verweigern sich bis heute den «neuen» Technologien und sind wegen mangelnder IT-Kenntnisse nicht fähig, die Vorlage für einen Lebenslauf oder ein Bewerbungsschreiben zu gestalten, besitzen nicht einmal ihren eigenen Computer. Nicht nur fremdsprachige sind davon betroffen, der Anteil Schweizer:innen ist hoch.

Fernando Botero Angulo (89), kolumbianischer Maler und Bildhauer, Plaza Botero 2017, Medellin, Kolumbien.

Pandemie, Krieg und die Bereitschaft für aussergewöhnliche Leistungen
Die Corona-Pandemie hat unsere Arbeitsweisen und Verhaltensmuster akzentuiert. Arbeiten im Home-Office bietet manchen Menschen Vorzüge, hat aber für viele auch Nachteile, wenn der spontane Austausch fehlt. Gerade für Bildungsschwache ersetzt die Videokonferenz das persönliche Gespräch nicht. Auch in Zukunft werden deshalb Büro oder Klassenzimmer Treffpunkte sein, Orte für zufällige, wie auch geplante Interaktion. Dass ukrainische Gymnasiast:innen dem Unterricht nicht an ihrer Schule in Kiew, sondern online zu Hause, ausserhalb der Hauptstadt, sowie in Polen, Deutschland, Rumänien, Österreich und der Schweiz beiwohnen – weil sie fliehen mussten, erfordert grosse Disziplin. In der NZZ vom 8. April 2022 berichtet Robin Schwarzenbach über aussergewöhnliche Zeiten, in denen beispielsweise der 16 jährige Maxim vor dem Computer seiner Gastgeberfamilie in Wallisellen sitzt und täglich über «zoom» mit seiner Lehrerin in Kiew verbunden ist. Über vierzig ukrainische Gymnasiast:innen besuchen bereits eine Mittelschule im Kanton Zürich, da sie aufgenommen wurden, bevor die Einstufung an der EB Zürich (Kantonale Schule für Berufsbildung) ins Leben gerufen wurde. Für sie wird es in den Frühlingsferien einen Deutsch-Intensivkurs geben. Am 19. April startet zudem ein mehrwöchiges Förderprogramm, das Jugendliche aus der Ukraine auf den Besuch eines Zürcher Gymnasiums vorbereiten soll, auch Maxim wird zu ihnen gehören.

Die Zukunft von Arbeit im Zeitalter der KI künstlichen Intelligenz
Darüber, welchen Einfluss neue Technologien auf unsere Arbeitswelt haben werden, schrieben die Autoren Rainer Strack, Miguel Carrasco, Philipp Kolo, Nicholas NouriMichael Priddis, and Richard George in einer Publikation der BCG Boston Consulting Group vom 18. März 2021. Auch wenn Menschen für Routine- und Verwaltungsaufgaben möglicherweise nicht mehr benötigt werden, eröffnen sich neue Berufsfelder um die Automatisierung weiterzuentwickeln. Neue Arbeitsplätze entstehen in der Softwareentwicklung, für Datenanalyst:innen oder auf dem Gebiet der Cybersicherheit. Firmen werden neue Mitarbeitende einstellen, bestehendes Personal weiterbilden oder umqualifizieren – und vielleicht sogar einen bestimmten Job selbst definieren müssen. In der Zwischenzeit werden menschliche Kernfähigkeiten – wie Empathie, Vorstellungskraft, Kreativität und emotionale Intelligenz, die nicht durch Technologie repliziert werden können – wertvoller. Das betrifft auch uns «Alte», die wir als Mentoren in Teams mit jüngeren Menschen unsere Erfahrung einbringen können. Das Angebot an Talenten für Berufe, welche diese Fähigkeiten erfordern – wie beispielsweise Gesundheitspersonal, Lehrer oder Berater – ist derzeit begrenzt, was zu den hohen Defiziten führt, die wir in diesen Berufsgruppen sehen. Gleichzeitig unterstreichen Krisen wie die COVID-19-Pandemie deren Bedeutung für das gesellschaftliche Wohlergehen.

Bildung, Weiterbildung und Umschulung – Metakompetenzen
Auf staatlicher Ebene empfehlen die Autoren zentrale Stellen für Personalstrategie und -politik, um die aktuellen Trends bei Arbeitskräfteangebot und -nachfrage zu verstehen und mittels Bildungsangeboten frühzeitig auf Nachfragelücken reagieren zu können. Dies vor allem auch im Hinblick auf das Ausscheiden der Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren. Um zukünftigen Bedürfnissen am Arbeitsmarkt entgegenzukommen, müssen Regierungen die Bildungssysteme auf sogenannte Metakompetenzen ausrichten. Dazu gehören logisches Denken, Neugier, Aufgeschlossenheit, Zusammenarbeit, Führung, Kreativität und Systemdenken. Im Zeitalter der Digitalisierung sollte es möglich sein, Karriere- und Beschäftigungsplattformen aufzubauen, um sicherzustellen, dass der Arbeitsmarkt so effizient wie möglich funktioniert und Arbeitnehmernde einfacher und schneller zu Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten navigieren können. (Stichwort: RAV und Papierkram). Entscheidend ist, dass diese Plattformen kontinuierlich aktualisiert sind, um sicherzustellen, dass sie relevant und nützlich bleiben, unter Einbezug von entscheidenden Informationen aus anderen Ländern. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen Unterstützung für Investitionen, zum Aufbau einer digital fähigen Belegschaft. Um Innovationen in der gesamten Wirtschaft voranzutreiben, dürfen jedoch keine übermässigen Regulierungen diese Bestrebungen hemmen.

Lebenslanges Lernen
Unternehmen müssen eine Kultur des lebenslangen Lernens in ihre Geschäftsmodelle einbauen. Zertifizierungen oder periodische Schulungsprogramme genügen in einer digitalen Wirtschaft wenig, denn eine fortlaufende und dynamische Verbesserung der Fähigkeiten ist erforderlich. Solches Lernen muss in einer Vielzahl von Formaten bereitgestellt werden, integriert in die tägliche Routine, um eine flinke und agile Belegschaft zu gewährleisten. Unternehmen können sich auch dafür entscheiden, einen Mitarbeiterpool zu erstellen, in den Personen mit neuen Fähigkeiten aufgenommen werden können, ohne noch zu wissen, für welchen Tätigkeitsbereich sie am besten geeignet sind. Das setzt eine gewisse Flexibilität bei der Entwicklung seines Karrierepfads voraus. Häufige Berufswechsel und Quereinstiege in vergleichbare Positionen werden immer notwendiger. Daher sollten Arbeitnehmende während ihrer gesamten Karriere nach Positionen suchen, in denen ihre vorhandenen Fähigkeiten erfolgreich angewendet werden können, und ihre Fähigkeiten aktualisieren, je nachdem, wo ihre eigenen Interessen mit den Anforderungen des Marktes übereinstimmen. Wir «Alten» stellen dazu gerne unsere Lebenserfahrung in Form einer unvoreingenommene Aussensicht zur Verfügung.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

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#208 – Arbeiten und Lernen auf Distanz

Die Gestaltung der Digitalisierung
Viele von uns nähern sich ihrem einjährigen Jubiläum der Fernarbeit. Während Telearbeit und sogar vollständig virtuelle Unternehmen nicht neu sind, wurde dieser Trend durch COVID-19 beschleunigt. Unsere einzigartigen Erfahrungen mit der Pandemie können und haben unsere Ansichten zur Unternehmenskultur und zu den Beziehungen zwischen Management und Mitarbeitenden beeinflusst. Vor diesem Hintergrund machen wir uns Gedanken über den sich ändernden Arbeitsplatz und darüber, wie Unternehmen das neue Gleichgewicht zwischen Unabhängigkeit, Zusammenarbeit, Qualitätskontrolle und Flexibilität angehen. Auch Bildungsinstitutionen und das Lehrlingswesen können sich dieser Diskussion nicht entziehen. Wie gestalten wir Schule oder die Ausbildung zum Beruf mit zunehmender Digitalisierung?

Digital affine Nomaden im Vormarsch
Viele haben sich gemütlich im Home-Office eingerichtet und wollen diese Arbeitsform auch nach der Pandemie nicht mehr missen. Das könnte aber in einem bösen Erwachen enden. Denn was bequem zu Hause getan werden kann, lässt sich oft billiger auch im Ausland erledigen. Ob die Befürchtungen im Kommentar von Thomas Fuster, NZZ vom 16. Februar 2021 wirklich zutreffen, wird sich zeigen. Digital affine Nomaden können mit der Idee einer fixen Arbeitsstätte, wo kollektiv gelesen, geschrieben und gerechnet wird, ohnehin wenig anfangen. Für sie ist ein Bürogebäude ein Relikt aus einer Epoche, als es weder Laptops noch Internet gab, stellt Fuster fest. Die meisten Unternehmen werden nach der Pandemie kaum zum Status quo ante zurückkehren. Denn der Tatbeweis scheint erbracht, dass viele Arbeiten im Heimbüro erledigt werden können. Und bewiesen ist auch, dass es für Sitzungen nicht zwingend grosse Räume braucht, sondern oft nur kluge Software.

Human Computer Interaction und Design, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, Pennsylvania

Weltweite Konkurrenz
Doch nicht für alle Jobs ist das Home-Office eine Option. In der Bauwirtschaft, der Industrie oder im Gastgewerbe können die meisten Tätigkeiten – sei es das Schreinern, Montieren oder Kochen – schlecht von zu Hause aus erledigt werden. Betroffen sind auch Ärzte und Pflegende im Gesundheitsbereich. Erinnert sei ebenfalls ans Putzen, das auch in Pandemiezeiten dort zu erledigen ist, wo der Schmutz anfällt. Wo der Home-Office-Anteil derzeit bei über 80 Prozent liegen dürfte, finden wir den Banken- und Versicherungssektor, die kaufmännischen Berufe oder die IT-Branche. Da könnte sich gemäss Thomas Fuster mancher Arbeitgeber schon bald die folgende Überlegung anstellen: Wenn gewisse Arbeiten unkompliziert im Home-Office erledigt werden können, muss es doch auch möglich sein, dieselben Arbeiten in kostengünstigen Randregionen oder gar im Ausland auszuüben. Denn alles, was es braucht, sind ein stabiles Internet und einen Computer. Die geldwerten Vorteile entsprechender Auslagerungen liegen auf der Hand: Teure Büroflächen werden eingespart und die Lohnkosten sinken, wenn die Arbeit neu in der Ukraine oder auf den Philippinen erfolgt. Zudem kann man bei offenen Stellen plötzlich auf Bewerbungen aus allen Kontinenten zurückgreifen.

Auslagerung und Automatisierung
Thomas Fuster stützt sich auf eine Arbeit der Universität Basel, die zu ähnlichen Schlüssen kommt. Unter dem Titel «Heute Home-Office, morgen Offshoring» haben zwei Ökonomen (Rolf Weder und Christian Rutzer) diverse Berufe auf ihre Eignung für Telearbeit untersucht. Es zeigt sich, dass jene Berufe, die sich besonders gut zu Hause erledigen lassen und derzeit als relativ krisenresistent gelten, in Zukunft zusehends unter Druck geraten dürften, sei dies aufgrund von Auslagerung oder von Automatisierung. Das gilt notabene auch für die Arbeit der Studienautoren selbst, also für das Forschen und Unterrichten. Denn wenn Vorlesungen vor allem online stattfinden, können sich Schweizer Studierende statt in Basel auch an einer Universität in den USA einloggen. Jeder Dozent im Home-Office steht damit immer stärker in direktem Wettbewerb mit den globalen Koryphäen seines Fachs.

Alter Wein aus neuen Schläuchen
Im seinem Gastkommentar, NZZ vom 19.02.2021, fordert Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, dass das Homeschooling endlich pädagogisch professionell zu gestalten sei. Lernende werden für mehrere Stunden am Tag mit monotonen Videokonferenzen an die Geräte gefesselt. Bei aller Freude über das Funktionieren der Technik, die Pädagogik darf nicht vergessen werden: Klarheit, Herausforderung, Motivierung und Rhythmisierung sind wichtiger denn je. Allen voran bleibt die Beziehungsarbeit als wichtigste Aufgabe, das heisst Feedback in alle Richtungen und so oft es geht. Zudem ist Masshalten angesagt, insbesondere bei den Lehrplaninhalten. Eine Entrümpelung der Lehrpläne ist somit unabdingbar, was übrigens nicht erst seit der Corona-Pandemie eine berechtigte Forderung ist. Eine Digitalisierung, die sich an der Pädagogik orientiert – und nicht die sinnlose Umkehrung nach dem Motto: «Hauptsache, digital, weil digital modern ist.» Es gibt so viele engagierte Lehrpersonen. Warum nicht diese zusammenschliessen, um in der Kürze der Zeit ein Notprogramm auf die Beine zu stellen? Die Bildungspolitik müsste die Führung übernehmen und endlich ihre Stärke unter Beweis stellen.

Neuausrichtung im Bildungssektor
Es genügt nicht, analoge Texte aus Lehrbüchern zu digitalisieren und den Frontalunterricht anstatt im Klassenzimmer, einfach am Bildschirm weiter zu führen. In der gegenwärtigen ausserordentlichen Lage müssen wir die Vorteile der weltweiten digitalen Vernetzung konstruktiv nutzen. Lehrpersonen können sich dabei auf die bereits vorhandene Computeraffinität der jungen Leute verlassen. Aus tausenden von Lernangeboten angesehener Institutionen, sei hier nur ein Beispiel für digitales Lernen erwähnt: In seinem Buch «The Last Lecture», Hyperion Verlag New York, NY, 2008, beschreibt Randy Pausch (1960-2008), ehemaliger Professor für Computer Wissenschaft, Human Computer Interaction and Design an der Carnegie Mellon University, seine Erfahrung mit «Alice». Alice wurde als Rapid-Prototyping-Anwendung für Live-Publishing-VR-Erlebnisse mit dem Ziel erarbeitet, für Nicht-Programmierer zugänglich zu sein und den Inhalt von VR Virtuelle Realität voranzutreiben. Die Version von Alice wurde an der Universität von Virginia in den 1990-er Jahren geboren und ermöglichte es Randy’s Stage 3-Forschungsgruppe, wichtige Beiträge zur Erforschung von VR-Erfahrungen zu leisten. Das zur Programmierung von Videospielen geschaffene Lehrmittel ist kostenlos und wird weltweit von Lehrenden auf allen Ebenen verwendet, von Mittelschulen (und manchmal sogar jüngeren) bis zu Universitäten, in Schulklassen und nach der Schule und ausserhalb der Schule sowie in Fächern, die von bildender Kunst und Sprachkunst bis zu den Grundlagen der Programmierung und Einführung zu Java-Kursen reichen. Kinder und Jugendliche lernen auf spielerische Weise das Geschichtenerzählen oder gesellschaftliche Zusammenhänge.

Aus den Augen, aus dem Sinn
Die Fernarbeit und Fernunterricht taugen nur bedingt als Ersatz für das physische Zusammenkommen von Menschen. Aus den Unternehmen mehren sich jedenfalls die Klagen über den Verlust von Innovation und Kreativität. Das Potenzial für Missverständnisse aus blutleeren Videokonferenzen ist gross, wenn man den Menschen nicht direkt gegenübersitzt und deren Stimmung oder Körpersprache nicht lesen kann. Das Spontane, Zufällige und Überraschende – kurz: das Kreative – entspringt selten einem Flachbildschirm. Nach dem Ende der Pandemie möglichst rasch wieder an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren und dort seinen Wert unter Beweis zu stellen scheint sinnvoll, um dem Szenario «aus den Augen, aus dem Sinn, aus dem Job» zu entgehen. In Zukunft werden in ausgewählten Branchen verstärkt hybride Arbeitsformen – also ein Nebeneinander von zentralem und ortsunabhängigem Schaffen – zur Anwendung kommen. Gewisse Firmen finden neben der gemeinsamen Sprache, Kultur und Zeitzone kaum noch Gründe, die Stellen von Mitarbeitern nicht gleich dorthin zu verlegen, wo auch die Kosten niedriger sind. Schulen müssen die riesigen Ressourcen im Internet vermehrt zu ihrem Vorteil nutzen.

Krisenerprobte und kompetente «Alte»
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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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