Blog, Industrie 4.0

#282 – «Alte» arbeiten im Metaversum

Erfahrungen oder neue Ziele
In der Diskussion nach einem (plötzlichen) Stellenverlust, oder beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt nach einer Pause, müssen wir «Alten» auch die Chancen zu einer Veränderung dank neuer Technologien in Betracht ziehen. Neuanfang anstatt weiter wie gehabt, etwas dazulernen anstatt in der Vergangenheit ausharren. Warum sollten wir im Alter nicht einmal etwas Neues ausprobieren, etwas was uns Freude macht, denn eigentlich können wir nur gewinnen. Der 63-jährige Hamburger Journalist Sven Michaelsen stellte in der NZZ vom 13. August 2022 rund 200 Fragen, die wir in einem unfertigen Interview selbst beantworten und die uns zum Nachdenken bringen sollen. Hier meine Auswahl der Fragen an uns «Alte»:

162. Sollte man sich lieber von Erfahrungen leiten lassen als von Zielen, weil das Gehabte eine bessere Leitplanke ist als das Gewollte?

176. Nicht mehr staunen können: Beginnt damit das Alter?

183. Wie alt wären Sie, wenn Sie nicht wüssten, wie alt Sie sind?

186. Gehört es zur ironischen Geometrie des Lebens, dass man im Alter mit 3 Stunden Schlaf auskommt, aber nicht weiss, wie die restlichen 21 Stunden zu füllen sind?

188. Je älter wir werden, desto besser waren wir früher: Ist das der Trost des Alters?

189. Verstehen tut man das Leben nur rückwärts, leben muss man es aber vorwärts. Erklärt das die Melancholie des Alters?

196. Wer ist dem Leben näher: der, der sich seine Sterblichkeit unaufhörlich vor Augen führt, oder der, der lebt, als gebe es den Tod nicht?

Xenia Hausner (71), Rosemaries Baby 2002, Bild: © Studio Xenia Hausner. Ausstellung: «True Lies», Museum Franz Gertsch Burgdorf, 2022

«Alte» helfen bei der Neugestaltung von Unternehmensstrategien
Unter dem Titel: «How the Metaverse Will Remake Your Strategy», BCG Boston Consulting Group vom 13. Juli 2022, diskutieren Rony Abovitz, Sumit Banerjee, Guy Gilliland, Christy Liu, Edwardo Sackey, Alexey Timashkov, and Rob Trollinger, wohin sich die Wirtschaft entwickelt. Das Metaversum basiert auf der Konvergenz mehrerer Technologien und der Verbreitung von Daten und Inhalten, die zusammen einen Mehrwert für die Nutzer schaffen und dabei die Strategie von Unternehmen neu gestalten. Es versteht sich von selbst, dass sich damit auch die Stellenprofile verändern. Das Metaversum umfasst breite Technologiekategorien (einschliesslich Computer, Konnektivität, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen), die auf vielfältige Weise zusammenkommen, um neue und beispiellose Werte zu schaffen. Mit unserer Erfahrung, Neugier, Ausdauer und Weisheit sind wir «Alten» ideale Sparringpartner in Entwicklerteams.

Neben der physischen Welt prägt vermehrt das Metaversum unseren Alltag
Das Metaversum wird auf digitalen Geräten (wie Laptops, Tablets, Smartphones und AR- oder VR-Headsets) erlebt, aber dies ist nur der Einstieg. Für Unternehmen liegt die Stärke des Metaversums in den Daten, die von menschlichen Nutzern und ihren digitalen Geräten und aus unzähligen anderen Quellen stammen. Viele davon sind in das Internet der Dinge (IoT) eingebettet und umfassen unter anderem Kameras, Sensoren, Messgeräte, Detektoren und medizinische Geräte. Während die physische Welt, und die damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten, durch die Gesetze der Physik eingeschränkt sind, ist das Metaversum ein Raum interagierender physischer und digitaler Welten, und das damit verbundene wirtschaftliche Potenzial ist entsprechend verstärkt und unendlich. Die ständige Konnektivität seiner Systeme macht es dauerhaft verfügbar, was es wiederum zu einem Teil des täglichen Lebens und Geschäfts, sowie zum Treiber eines erheblichen, wenn auch oft unbemerkten Werts, einer voll funktionsfähigen Wirtschaft macht.

Von der Begeisterung der Jungen profitieren
Viele Junge, welche in diesem Umfeld aufwachsen, möchten ihre Begeisterung für die Technologien und ihr Wissen über mögliche Anwendungen auch bei der Berufswahl ausleben. Zur Attraktivität von Lehrstellen gehören deshalb auch das Umfeld, oder die Aufgeschlossenheit der Betriebe bei der Implementierung neuer Arbeitsprozesse und Methoden. Ganz allgemein besteht ein Trend zu mehr Bildung, die Grundlage zur Bewältigung von immer komplexeren Anforderungen in Gesellschaft und Beruf. Unternehmen müssen für die Jungen attraktiv sein, denn diese wollen ins Gymnasium, schreibt Dominik Feldges in der NZZ vom 11. August 2022. An die klügsten und geschicktesten Jugendlichen sei es immer schwieriger heranzukommen, klagen Patrons und deren Kaderangestellte im Gespräch. Denn wer möchte schon in einer in die Jahre gekommenen Arbeitsumgebung, in einer Randregion und mit Prozessabläufen aus der Vergangenheit, seine Zukunft gestalten. Dabei spielen der Lohn, oder die Sponsoringaktivität der Firma im lokalen Radfahrerverein eine untergeordnete Rolle. Unternehmen müssen gegenüber dem Metaversum offen sein.

Doch wie verhält es sich mit uns «Alten»?
Während bei den Jungen das Interesse an gewissen Berufsbildern nachlässt, leiden wir «Alten» unter den bekannten Vorurteilen gegenüber unserer Kohorte. Dadurch verschärft sich der «Fachkräftemangel» zusätzlich. Esther-Mirjam de Boer, CEO von GetDiversity, plädiert in KMU today-online vom 28. Juli 2022, für ein sogenanntes «Anonymisieren» von Bewerbungen. Dieses löst verschiedene Verzerrungen auf, welche durch Vorurteile entstehen können. Wenn in der Bewerbung Hinweise auf Geschlecht, fremde Kulturkreise und ausländische Herkunft beim Anonymisieren entfernt werden, können einseitige Bevorzugungen nicht wirksam werden. Dies führe zu gerechteren und besseren Anstellungsentscheiden, damit wird der Fokus der Beurteilung stärker auf die Qualifikation gelegt. In den USA gehören deshalb auch Alter, Zivilstand und Foto nicht zu den Bewerbungsunterlagen.

Tinder für Stellensuchende
Unter dem Titel: «Der letzte Rettungsanker für Firmen in Personalnot» publizierte KMU today-online am 4. August 2022 einen Bericht der NZZ, über die Online-Plattform Coople, den digitalen Marktplatz, auf den mittlerweile eine halbe Million registrierte Beschäftigte zugreifen. Anders als bei herkömmlichen Personalvermittlern, bei denen der Kundenkontakt immer noch im Zentrum steht, läuft der Personalverleih bei Coople vollständig digital. Die Arbeitgebenden veröffentlichen ihre Jobs auf der Plattform selber und geben den Stundenlohn vor sowie die Qualifikationen, welche die Kandidat:innen mitbringen müssen. Die Arbeitssuchenden wiederum laden nach der Registrierung ihren Lebenslauf und ihre Arbeitszeugnisse hoch. Diese werden durch Coople geprüft und im Nutzer-Profil hinterlegt.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


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#223 – Alleswissen oder Alleslernen

Warum wir einen neuen Lernansatz brauchen
Microsoft-Chef Satya Nadella’s erfolgreicher Turnaround des Technologieriesen beruht zum Teil auf dem Wechsel von einer «Alleswisser» – zu einer »Alles lernen» – Kultur. In ihrem Beitrag vom 3. Juni 2020 beschreiben Jens Baier, Elena Barybkina, Vinciane Beauchene, Sagar Goel, Deborah Lovich, and Elizabeth Lyle von BCG Boston Consulting Group, weshalb das Lernen in den Fokus der Unternehmensstrategie rücken muss. Denn Unternehmen konkurrieren heute mehr denn je darum, wie schnell sie innovativ sein und ihren Mitarbeitern helfen können, neue Fähigkeiten zu erwerben – insbesondere digitale Fähigkeiten. Aber die Leute lernen nicht nur, indem sie Online-Kurse besuchen oder Artikel lesen. Und sie nehmen kein neues Material an einem Tag oder sogar in einer Woche mit an Bord. Der Aufbau von Wissen erfordert Konzentration, Übung, Coaching und die Bildung neuer Einstellungen, die Monate dauern. Wenn Organisationen beim Lernen gewinnen wollen, müssen sie ihre Bemühungen um den Aufbau von Fähigkeiten in die tägliche Arbeit der Mitarbeiter einfliessen lassen. Und sie müssen Fähigkeiten auf allen Ebenen des Unternehmens – von oben bis unten – als integrierten Teil des Unternehmens aufbauen und regelmässig Geschäftsziele konsultieren, um die Auswirkungen zu messen.

«Life» von Olafur Eliasson, 2021 Fondation Beyeler, Basel. Gebäude und Landschaft werden eins

Feste Bürotage für gezielte Zusammenarbeit
Apple-Chef Tim Cook will, dass seine Mitarbeitenden ab September 2021 wieder mindestens an drei Tagen, Montag, Dienstag und Donnerstag, im Büro anwesend sind. Man habe feste Bürotage gewählt, um die Zeit für die persönliche Zusammenarbeit zu «optimieren», so Cook. Videokonferenzen hätten zwar die Distanz verringert, aber es «gibt Dinge, die sie einfach nicht nachbilden können». Längere Homeoffice-Phasen sollen bei Apple aber eine Option für bis zu zwei Wochen pro Jahr bleiben, nach Absprache mit Vorgesetzten. Die Rückkehr ins Büro gilt bei Apple vorerst als Pilotphase, man wolle dies 2022 neu bewerten. Apple galt gegenüber dem Homeoffice lange als besonders abgeneigt, für die Hardware-Entwicklung ist die persönliche Zusammenarbeit kleiner Teams entscheidend, auch in Hinblick auf Geheimhaltung ist Apple nur eingeschränkt Homeoffice-fähig. Die Heimarbeit führe zu einem «gemischten» Ergebnis, erläuterte der Apple-Chef im vergangenen Jahr, in manchen Bereichen sei man im Homeoffice produktiver, in anderen hingegen «nicht so produktiv».

Halbwertszeit einer Fertigkeit
Arbeit ist nicht nur ein sozialer Prozess, sondern auch ein sozialisierender. Arbeit gibt uns das Gefühl des Dazugehörens und Gebrauchtwerdens. Das ist an Orte gebunden, weshalb es keine gute Idee wäre, nach der Pandemie weiterhin auf Home-Office zu setzen, bemerkt Reinhard K. Sprenger, Philosoph, Managementberater und Autor, im Gastkommentar von Selina Haberland, NZZ vom 7. Juni 2021. Die durchschnittliche Halbwertszeit einer Fertigkeit beträgt gemäss einem Beitrag von Andrew Dyer, Susanne Dyrchs, Allison Bailey, Hans-Paul Bürkner, and J. Puckett, BCG 14. Juli 2020 nur noch fünf Jahre. Daher rechnen die Autoren damit, dass in den nächsten zehn Jahren 1 Milliarde Arbeitsplätze umgestaltet werden müssen. Das ist eine gewaltige Aufgabe. In den letzten Jahren haben Verhaltensökonom_innen, Neurowissenschafter_innen und Kognitionspsycholog_innen grosse Durchbrüche im Verständnis des Lernens von Menschen erzielt. Sie haben festgestellt, dass die Menschen am besten lernen, wenn das Training personalisiert, in mundgerechte Formate verpackt, in den Arbeitsalltag integriert und durch rechtzeitige Anstösse und Erinnerungen unterstützt wird. Diese neue Wissenschaft des Lernens ist noch nicht vollständig am Arbeitsplatz angekommen – aber wenn sie dies tut, verspricht sie, die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, zu revolutionieren.

«Life» von Olafur Eliasson, 2021 Fondation Beyeler, Basel. Gebäude und Landschaft werden eins

«Alte» in die Lernsituation einbinden
In meinem letzten Blog zum Thema Mentoring beschreibe ich, wie wir «Alten» Lernsituationen dank unserer Biografie nachhaltig unterstützen können. Auf Augenhöhe im Team mit den «jungen Wilden» geben wir Ratschläge, führen in Netzwerke ein und helfen, die Mechanismen und ungeschriebenen Regeln der Berufswelt zu verstehen. Wir selbst profitieren von solchen «Tandems», da beide Parteien die Möglichkeit erhalten, ihre Perspektive zu wechseln. Auch wenn unser Gehirn mit zunehmendem Alter mehr und mehr selektiv arbeitet, sind unsere Erfahrungen ein wichtiger Teil von uns, die wir weitergeben müssen. Zwar werden wir gegenüber dem Offensichtlichen eher blind und darüber hinaus blind für unsere Blindheit. In ihrem Artikel in der NZZ vom 5. Juni 2021 unter dem Titel «Wie wir uns laufend neu erfinden» beschreibt Anja Jardine wie wir unsere Informationen besser speichern und auch später abrufen, die unserer Stimmung entsprechen. Das Phänomen nennt sich «Stimmungskongruenz». Das semantische Gedächtnis ist das, was wir anklagen, wenn uns Namen, Zahlen, Fakten nicht einfallen. Zusammen mit dem episodischen Gedächtnis gehört es zur High-End-Ausstattung unserer Software. Und hier nun, als Teil des episodischen Gedächtnisses, findet sich das autobiografische. Es speichert lebensgeschichtlich relevante Erfahrungen. Und es scheint, als sei seine Funktion nicht die, eine objektive Wahrheit abzubilden, sondern vielmehr uns unsere Geschichte so erzählen zu lassen, dass wir heute und morgen zurechtkommen.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung und Engagement aus der analogen Welt sind wir «Alten» gerüstet, im Team zusammen mit dem digitalen Wissen der «jungen Wilden», Prioritäten und Ideen mit Engagement in Ergebnisse umzusetzen. «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
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