Blog, Industrie 4.0

#215 – «Alte» als Wirtschaftsfaktor

Langlebigkeit, Weiterbildung und Wissenstransfer
Die Plattform «kompetenz60plus.ch» hat zum Ziel, durch Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer Innovationen voranzutreiben. Wir «Alten» bilden Teil einer neuen Ökonomie, die vom Staat gefördert werden soll. Eckpunkte der Diskussion sind unter Anderen unsere zunehmend hohe Lebenserwartung bei guter Gesundheit und dem oft sehr frühen «Pensionierungsalter» mit prognostiziertem Fachkräftemangel. Um jedoch für die Gesellschaft attraktiv zu sein, müssen wir offen bleiben für Neues, auch durch lebenslange Weiterbildung. Schon als Primarschüler wurde uns gelehrt, dass die Schweiz, ohne Rohstoffvorkommen, auf eine gute Ausbildung der Bevölkerung angewiesen ist und wir uns deshalb in der Schule sehr anstrengen müssen. Mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von aktuell 85 Jahren erhält auch die Sinnhaftigkeit unseres Lebens eine immer grössere Bedeutung. Unsere Aufgabe ist es, die «jungen Wilden» zu fördern und als Mentoren im Team kurzfristig zur Verfügung zu stehen. Standesdünkel, Dienstalter, militärischer Grad oder Familienbande dürfen diesem Engagement nicht im Wege stehen.

Besucher entdecken «Elle – une cathédrale», Niki de Saint Phalle, Moderna Museet Stockholm, 1966

Digital-Kompetenz bei Verwaltungsräten nur Nebensache
Die Onlineplattform ictkKommunikation publizierte am 3. Juni 2020 eine Studie der Beratungsgesellschaft BDO und der Universität St. Gallen, über die Zusammensetzung von Verwaltungsräten in Schweizer KMU. Basis für die Studie waren Angaben von 667 kleinen und mittelständischen Unternehmen mit maximal 1’000 Mitarbeitenden. Erstaunt hat die Antwort, dass es bei 70 Prozent der befragten Unternehmen im VR keine Person gibt, die speziell für den Bereich Digitalisierung verantwortlich ist. Im Verständnis der befragten Verwaltungsratspräsidenten spielt das Wissen und die Kompetenz in Bezug auf die Möglichkeiten digitaler Geschäftsmodelle und Prozesse gar keine oder eine nebensächliche Rolle. Nur bei 30 Prozent der Verwaltungsräte nehme eine Person diese Aufgabe explizit wahr. Einen möglichen Grund für die geringe Bedeutung, die Verwaltungsräte der Digitalisierung beimessen, sehen die Studienautoren im Alter der meisten Mitglieder. Nur 10 Prozent der Angehörigen der Kontrollgremien in Schweizer KMU sind jünger als 40 Jahre; ein Drittel ist 60 Jahre alt oder älter. Man operiert demnach seit bald 30 Jahren in einem Parallelmodus von analoger und digitaler Technologie, aus Rücksicht auf uns «Alte»?. Solange alle brav mitmachen geht es uns gut. Die Pandemie hat jedoch innert Kürze unzählige Schwachstellen dieses Modells offen gelegt und zwingt uns zum Paradigmenwechsel.

«Alte» als Investition
In einem grösseren Kontext wird das Alter generell zum Politikum, wie der am 13. März 2021 erschienene Bericht von Matthew Allen in swissinfo.ch zur Langlebigkeit der Schweizer Bevölkerung aufzeigt. «Die Langlebigkeit wird in den kommenden Jahrzehnten eine der grössten, wenn nicht sogar die grösste Investitionsmöglichkeit sein», sagt Tobias Reichmuth, Mitbegründer des im März in der Schweiz gegründeten Unternehmens «Maximon». Die Firma setzt auf innovative Projekte, die darauf abzielen, die Lebensdauer zu verlängern und die negativen Auswirkungen des Alterns zu verringern. Es ist nicht das einzige Langlebigkeitsunternehmen in der Schweiz und auch im Ausland bestehen Organisationen wie beispielsweise das in Hongkong ansässige Unternehmen «Deep Knowledge Ventures». Der junge Nationalrat und Vorstandsmitglied der FDP Schweiz, Andri Silberschmidt, setzt sich im Parlament dafür ein, dass nationale Agenturen und Universitäten Langlebigkeitsforschung in ihre Programme aufnehmen, politische oder gesetzliche Änderungen vornehmen und die potenziellen Vorteile für Wissenschaft und Wirtschaft abwägen.

Verlangsamung des Alterungsprozesses
Silberschmidt möchte auch eine Debatte über die ethischen Fragen der Langlebigkeit anregen. Wie gut fühlen wir uns mit der Wissenschaft, die sich in die Natur einmischt? Wie weit wollen wir mit kontroversen Themen wie einer genetischen Manipulation gehen? Und wie stellen wir sicher, dass die Langlebigkeit allen zur Verfügung steht und nicht nur den Reichen? «Je mehr Köpfe wir über diesen Problemen haben, desto besser sind die Lösungen», sagt er. Doch was kann realistisch erreicht werden, indem man Geld in dieses Feld wirft? Matthew Allen befragte dazu Alessandro Blasimme vom Labor für Gesundheitsethik und -politik der ETH Zürich. «Behauptungen, dass Menschen 200 Jahre leben können, sind derzeit Science-Fiction», antwortete dieser. «Jedes biologische System wird abgenutzt. Irgendwann geht dem Körper einfach der Stoffwechsel aus, den er für die Regeneration der Zellen benötigt, und seine Fähigkeit, mit akkumulierten DNA-Schäden fertig zu werden. Aber die Wissenschaft sagt uns, dass wir den Alterungsprozess etwas verlangsamen können» Wissenschaft und öffentliche Gesundheit konzentrieren sich derzeit darauf, jüngere Menschen zu einem gesünderen Lebensstil zu bewegen. Die Idee ist, dass gesunde junge Erwachsene zu lebhaften Rentnern werden, auch mit pharmakologischen Innovationen, die diesen Prozess unterstützen könnten.

Kompetente «Alte» stellen ihre Erfahrung zur Verfügung
«kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Wir «Alten», Frauen und Männer, im Team auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden», stellen unsere Erfahrung mit Leidenschaft zur Verfügung. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
Linkedin: kompetenz60plus.ch | facebook: wernerkruegger

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Flexible «Alte» gesucht

Angst vor Veränderung
Diese Mutlosigkeit und die Selbstbemitleidung älterer Stellensuchender in den Medien, die nach 400 Bewerbungen noch keine Anstellung gefunden haben, ärgert. Seit zwei Jahren besteht die Plattform «kompetenz60plus.ch» als Gefäss zum Austausch zwischen KMU und älteren Fachleuten. In dieser Zeit hatte ich zahlreiche Gelegenheiten zur Auseinandersetzung mit dem Thema «Arbeiten im Alter», mit gestandenen «Patrons» von KMU, in der Beratung von Jungunternehmen oder mit älteren Fachkräften. Dabei stelle ich fest: Wir haben verlernt, oder nie gelernt, flexibel zu sein und uns trotz guter (Grund-)Ausbildung auf neue Situationen einzulassen. Wir sehen von vornherein nur Probleme mit angebotenen Chancen, anstatt neue Herausforderungen freudig anzupacken. Wir prokrastinieren Entscheide und hoffen, meist ohne Glück, auf optimalere Gelegenheiten. Doch der Arbeitsmarkt verändert sich rasant, auch getrieben durch die Digitalisierung. Kooperationen, Unternehmungsgründungen, flexible Arbeitsorte, Teilzeitpensen oder flache Hierarchien sind einige wenige Schlüsselbegriffe mit welchen sich auch ältere Mitmenschen vertraut machen müssten. Dazu das Beispiel aus Asien, welches uns alle inspirieren sollte.

Neubau Treppe, SRF News- und Sport-Gebäude, Bild: Penzel Valier Architekten, Zürich 2019

Schneller als jede Wissenschaft
Unter diesem Titel publizierte Fabian Peters, Stylepark 03.02.2020, die Eindrücke von Raphael Gielgen, der für den Möbelproduzenten VITRA nach der Zukunft der Arbeit (Future of Work) sucht. Gielgen wollte wissen was passiert, wenn 100’000 Ingenieure und Designer jeden Tag mit dem Willen aufstehen, etwas Neues zu erfinden? Dazu reiste er mit einer Gruppe Unerschrockener ins Perlflussdelta – jene chinesische Sonderwirtschaftszone, die im weitesten Sinne das Hinterland der ehemaligen Kolonien Hongkong und Macao bildet. Fast 70 Millionen Menschen leben dort mittlerweile auf einer Fläche, die weniger als halb so gross ist wie die Schweiz. «Praktisch niemand kommt von dort» sagt Gielgen, «alle sind zugezogen. Die Chancen, die die Sonderverwaltungszone bietet, zieht Macher aus ganz China und zunehmend auch darüber hinaus an.» Gerade wurde dort etwa die längste Brücke der Welt, die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke fertiggestellt, die das Perlflussdelta überspannt und das Wegenetz des Ballungsraums erheblich verbessern soll. Weitere Megaprojekte sind längst im Bau und in der Planung.

Ein riesiges Labor
«Learning Journey» nennt Raphael Gielgen diese Expeditionen, die er in regelmässigen Abständen mit wechselnden Experten, Unternehmern, Architekten und Querdenkern durchführt. Immer geht es darum, dem Zeitgeist den Puls zu fühlen, globale Entwicklungen in frühen Stadien zu beobachten und Dynamiken zu analysieren. Das Thema «Design to Production» stand im Fokus der Reise ins Perlflussdelta. Die Vielfalt an Produzenten in Kombination mit dem zur Verfügung stehenden Kapital und den «Incubators», in denen Start-ups an neuen Ideen brüten, erzeugen ein ungeheures wirtschaftliches und technisches Momentum. Im Gegensatz zum «Westen» befindet sich diese ganze Region laut Gielgen in einem permanenten Beta-Status, verbunden mit einer fröhlichen Naivität beim Entwickeln. Hier ist nichts alt, nichts eingefahren, nichts «bewährt». Das verleiht allen eine gewisse Leichtigkeit, ohne den permanenten Optimierungswahn, dem ewigen «schneller, höher, weiter».

Mut für Neues
Anders als in Europa oder, noch ausgeprägter, in Japan gebe es keine Prozesshaftigkeit in China, sagt Gielgen. Es gebe auch keine Vorstellung von Langlebigkeit, weil niemand damit Erfahrung habe. «Alles ist neu, aber das heisst auch: Es gibt keine Routinen.» Das im Westen so beklagte Silodenken habe noch gar keine Zeit gehabt einzusetzen. Dieser Zustand, so glaubt Gielgen, der in den alten Industrienationen längst vergessen sei, könne hier wiederentdeckt werden. «Wenn man etwas von hier mitnehmen kann, dann den Mut, auf Lücke zu arbeiten. Hier ist der westliche Ansatz, alle Probleme mit einer Excel-Tabelle oder einer Powerpoint-Präsentation in den Griff zu bekommen, zum Scheitern verurteilt.»

Wir «Alten»
«kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. «Alte» im Team, auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden», stellen ihre Erfahrung zur Verfügung. Bitte bringen Sie sich ein, wir freuen uns über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


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