Blog, Industrie 4.0

#354 – Die Zukunft von Arbeit mit uns «Alten»

Unsere Produktivität leidet unter der Digitalisierung
Wer schon einmal versucht hat sein Smartphone aufzuräumen, weiss wie zeitaufwändig und kompliziert das alles sein kann. All die Verknüpfungen, Sicherheitsmassnahmen, Passwörter, PIN’s und hinterlegten Zahlungsmittel mit den verschiedenen Apps zu verbinden, um eine reibungslose Tramfahrt oder das Bezahlen eines Zeitungsabonnements zu ermöglichen. Wir verbringen Stunden mit diesen Geräten und verlieren dabei schnell den Überblick, wer nun was von uns weiss. Seit 2008 das erste iPhone auf den Markt gekommen ist und die Social-Media-Plattformen Auftrieb erhalten haben, stagniert das Produktivitätswachstum. Wir verbringen mittlerweile 21 Jahre unseres Lebens vor dem Bildschirm und 7,5 Jahre auf Social Media. Der Produktivität ist das nicht zuträglich, sagt der Arbeitspsychologe Tomas Chamorro im Gespräch mit Christin Severin in der NZZ vom 2. Oktober 2023.

Kreative «Alte» zum Trainieren der KI
Tomas Chamorro-Premuzic ist Professor für Wirtschaftspsychologie am University College London und an der Columbia University New York sowie Mitglied des Entrepreneurial Finance Labs von Harvard. Als Chief Innovation Officer bei der Manpower Group, die 10’000 Personalvermittler:innen beschäftigt und pro Jahr zwei Millionen Kandidat:innen vermittelt, versucht er KI künstliche Intelligenz in den Bereichen zu trainieren, wo sie übersehene Signale für Potenzial erkennt, um damit schneller bessere Leute zu finden. Im Interview unter dem Titel «Wer im Home-Office nicht arbeiten will, geht joggen. Wer im Büro nicht arbeiten will, surft im Internet», stellt er fest, wie uns das Handy trotz all seiner Vorteile eigentlich dumm macht. Auf die Frage, was es braucht um sich als Mensch im Zeitalter von KI auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten, findet er, dass wir Menschen unseren Intellekt, die Kreativität und Innovationskraft im Kontrast zur regelgebundenen und vorhersehbaren KI nutzen müssen. Was vorhersehbar ist, lässt sich standardisieren und dann automatisieren. Bei automatisierten Tätigkeiten verliert der Mensch gegen die Maschine. Für uns «Alte» im Team heisst das, wir müssen unsere Erfahrung, Weisheit und Reife beim Trainieren der KI einfliessen lassen.

Franz Kafka (1883-1924), Gekritzel

Automatisierung ermöglicht uns «Denkfenster»
Wir fördern die Kreativität, indem wir die Zeit, die wir durch Automatisierung sparen kreativ nutzen anstatt auf Tiktok, Youtube oder Facebook zu vertrödeln. Unsere Smartphones sind allgegenwärtig, fast schon am Körper angewachsen. Durch die ständige Ablenkung verlieren wir die Fähigkeit, uns während einer längeren Zeit auf eine Sache zu konzentrieren, was die Arbeit beeinträchtigt. In Umfragen sagen 70 Prozent der Arbeitnehmenden, dass sie durch das Smartphone abgelenkt werden. Unsere geistigen Fähigkeiten reduzieren sich dadurch in erheblichem Ausmass. 60 bis 85 Prozent der Smartphone-Nutzung geschieht während der Arbeitszeit. Wir müssen lernen mit diesen Geräten einen besseren Umgang zu pflegen, denn Technologiefeindlichkeit ist nicht die Antwort. Schlussendlich hilft uns der «Brockhaus» in der Hosentasche bei der Erledigung mancher Aufgaben. Jeder Mensch muss seine eigene Selbstwahrnehmung entwickeln und sich Selbstdisziplin abringen, um gewisse Zeiten bewusst als «Denkfenster» zu nutzen.

Arbeit ist nicht gleichLeistung
Viele Unternehmen haben Angst, dass ihre Mitarbeitenden im Home-Office schnell abschweifen.Dabei wird die disziplinierende Kraft des Büros überschätzt. Manager sind oft nicht besonders gut darin, Output und Produktivität ihrer Leute einzuschätzen und fokussieren zu stark auf den Input, also die im Büro abgesessenen Stunden. Die schiere Anwesenheit ihrer Untergebenen, die alle vorgeben höchst produktiv zu sein, tut vielen Vorgesetzten gut. Gerade bei hochqualifizierten Angestellten ist es schwierig, ihre Leistung objektiv zu messen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Geld man verdient, desto härter wird es, festzustellen, wie wertvoll der individuelle Beitrag wirklich ist.

Arbeit ist vor allem ein Job
Man muss erkennen, dass das Büro zu einem sozialen Treffpunkt wird, den die Leute besuchen, um nicht zu arbeiten. Man geht wegen der persönlichen Begegnungen, aber auch um Ideen zu finden, die einem persönlich weiterhelfen. Viele Unternehmen klagen darüber, dass die Generation Z anspruchsvoll und wenig leistungsbereit sei. Junge Leute kündigen heute, wenn sie merken, dass ein Unternehmen nicht nach ihren Werten lebt. Unabhängig von der Generation wollen alle einen gut bezahlten Job, flexible Arbeitszeiten, ein Unternehmen mit Werten, ein grossartiges Sozialleben, der eigene Chef sein, unlimitierte Ferien, einen Firmen-Scooter . . . De facto gibt es nicht viele Jobs, die all das einlösen können. Wir «Alten» sind dagegen in unseren Erwartungen häufig realistischer, werden aber diskriminiert. Altersdiskriminierung ist weit verbreitet. Das hängt mit völlig falschen Vorstellungen zusammen, wie Leute Mehrwert schaffen. Generell erwarten wir zu viel von der Arbeit und sollten uns eingestehen dass wir vor allem einen Job machen und dafür bezahlt werden.

kompetenz60plus.ch, das Netzwerk von kompetenten «Alten»
kompetenz60plus.ch ist ein Netzwerk von kompetenten Fachleuten. Erfahrene «Alte» unterstützen KMU’s und Start-ups bei der Umsetzung innovativer Ideen und bei Herausforderungen aller Art – auf Augenhöhe. Registrieren Sie Ihre Kompetenz ➔ hier kostenlos oder suchen Sie auf unserem Portal eine Fachperson mit geeigneter Kompetenz. Unkompliziert und zu moderaten Bedingungen. Kontaktieren Sie uns mit Ihren Interessen, Fragen und Anregungen, ganz unverbindlich, per Mail an werner@kompetenz60plus.ch. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator

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#340 – Veraltetes Wissen – Erfahrene «Alte»

Zusammenarbeit mit KI künstlicher Intelligenz
Das Gelernte veraltet immer schneller: Die durchschnittliche Halbwertszeit von Qualifikationen liegt heute bei weniger als fünf Jahren, im digitalen Bereich sind es sogar nur ein bis zwei Jahre. Die für den «Future of Jobs Report 2023» des World Economic Forum befragten Firmen prognostizieren, dass 44 Prozent der Fähigkeiten ihrer Angestellten in den nächsten fünf Jahren Disruptionen unterworfen sein würden. Und weil künftig immer mehr Menschen mit KI-Modellen zusammenarbeiten werden, nimmt die Bedeutung bestimmter Fähigkeiten wie kritisches Urteilsvermögen, ein ethischer und moralischer Kompass sowie Freude am Denken zu. Neugierige und erfahrene «Alte» auf Augenhöhe im Team mit den «jungen Wilden» und ihrem Wissen scheint mir dabei ein logischer Ansatz. Neugier bedeutet auch: Fehler machen zu dürfen, unvoreingenommen zu sein, neuartige Fragen zu stellen, Dinge kritisch zu hinterfragen, thematisch tiefer zu gehen, über den Tellerrand hinauszuschauen, Spass am Lernen haben und sich auf Neues einzulassen, unabhängig vom biologischen Alter.

Der Imperativ der generativen KI-Änderung
«Wie Menschen mit generativer KI Werte schaffen oder auch zerstören können» ist der Titel des Beitrags vom 21. September 2023, BCG Boston Consulting Group, zum Umgang mit KI künstlicher Intelligenz von François Candelon, Lisa Krayer, Saran Rajendran, and David Zuluaga Martínez. Wir haben noch keine Daten, schreiben die Autoren, um die Wahrnehmungen unserer Teilnehmenden am Experiment zu bestätigen, dazu braucht es weitere Untersuchungen. Es zeigte sich jedoch, wie ungefähr 70% von ihnen glauben, dass die umfassende Nutzung von GPT-4 (die Weiterentwicklung von ChatGPT) ihre kreativen Fähigkeiten mit der Zeit beeinträchtigen könnten. Wenn Menschen sich zu sehr auf eine Technologie verlassen, verlieren sie Fähigkeiten, die sie einmal hatten. Als GPS erstmals auf den Markt kam, half es der Navigation immens, aber heute können wir uns fast nicht mehr ohne GPS orientieren. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, welche Wahrnehmungen und Einstellungen ihre Mitarbeitenden zur generativen KI haben und wie sich diese auf ihre Fähigkeit auswirken könnten, Innovationen voranzutreiben und Mehrwert zu schaffen.

Installation «Mailchimp’s Email is Dead»: The Design Museum, London, Oktober 2023. Bild: Richard Heald.

Verfeinerte Datenstrategie zur Differenzierung
Die Stärke von GenKI liegt oft in der Identifizierung unerwarteter – sogar kontraintuitiver – Muster und Zusammenhängen. Um von diesen Vorteilen zu profitieren, benötigen Unternehmen eine umfassende Datenpipeline, mit Fokus auf die Entwicklung interner Data-Engineering-Fähigkeiten, um diese zu erstellen. Denn wenn mehrere Unternehmen die Technologie auf ähnliche Aufgabenbereiche anwenden, kann dies zu einem Nivellierungseffekt zwischen den Organisationen führen. Die Muster ähneln sich. Um sich zu Differenzieren braucht es die Fähigkeit, generative KI-Modelle mit grossen Mengen an hochwertigen, unternehmensspezifischen Daten zu verfeinern, folgern die Autoren.

Rollen und Arbeitsabläufe
Für Aufgaben, die von generativen KI-Systemen beherrscht werden, müssen Menschen ihre Denkweise und ihre Arbeitsweise radikal verändern. Statt der Standardannahme, dass die Technologie einen hilfreichen ersten Entwurf erstellt, der überarbeitet werden muss, sollten die Menschen das Ergebnis als einen plausiblen endgültigen Entwurf betrachten, den sie anhand fest etablierter Leitplanken prüfen, ansonsten aber weitgehend so belassen sollten. Anstatt Recherchen manuell zusammenzufassen oder Folien zu polieren, entsteht mehr Zeit für wichtige Aufgaben, die jenseits der Grenzen dieser Technologie verbleiben. Das bedingt auch Gedanken zu den benötigten Fähigkeiten für die Auswahl der Mitarbeitenden. Die viel zitierten «Prompt-Ingenieure» werden möglicherweise nicht mehr benötigt, sobald die generative KI selbst die Aufgabe gemeistert hat, komplexe Probleme in optimale Prompts zu zerlegen. Was derzeit nicht der Fall ist, könnte in naher Zukunft an KI-Systeme selbst ausgelagert werden, spekulieren die Autoren der Studie.

KI künstliche Intelligenz – StableDiffusion/ by https://www.reddit.com/user/screean/, 6. Oktober 2023 reddit

Kompetenz hilft den Talenten
Talent allein ist möglicherweise nicht der einzige Indikator für hohe Leistung in einer Welt weit verbreiteter GenKI-Nutzung. Beispielsweise Menschen, die über eine geringere Grundkompetenz für gewisse Aufgaben verfügen, werden in der Zusammenarbeit mit generativer KI befähigt, bestimmte Anforderungen zu übertreffen. Das Ziel zukünftiger Talentstrategien ist es, solche Personen zu finden, selbst wenn die jeweiligen Stellenbeschriebe noch nicht klar definiert sind. Auch wenn bestimmte Aufgaben vollständig an GenKI übergeben werden, braucht es ein gewisses Mass an menschlicher Aufsicht. Speziell wenn jüngere Mitarbeitende eine Technologie für Aufgaben verwalten müssen, die sie selbst nie erlernt haben, hilft die Kompetenz von uns «Alten».

Weniger kollektive Kreativität, grösserer Ideenkreis
Die Ergebnisse der BCG-Studie deuten darauf hin, dass GenKI die kollektive Kreativität beeinträchtigt, indem sie die Bandbreite von Perspektiven einschränkt, welche Einzelpersonen einbringen, auch wegen mangelndem Vorstellungsvermögen. Die gute Nachricht ist, dass die Ideen, die Menschen selbst generieren, und die Ideen, die sie mithilfe generativer KI generieren, sehr unterschiedlich sind und in der Kombination zu einem noch grösseren Ideenkreis führen. Generative KI wird wahrscheinlich einiges von dem, was wir tun und wie wir es tun, verändern, und zwar auf eine Weise, die niemand vorhersehen kann. Der Erfolg im Zeitalter von GenKI wird weitgehend von der Fähigkeit eines Unternehmens abhängen, schneller als je zuvor zu lernen und sich zu verändern.

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#317 – Lernen dank künstlicher Intelligenz

Wie künstliche Intelligenz lernt
KI wie ChatGPT verstehen heute natürliche Sprache und können auf Knopfdruck Bilder herstellen, weil die Computer leistungsfähiger geworden sind. Alle fünf Jahre wird das Rechnen zehnmal billiger, alle dreissig Jahre also eine Million Mal. Bedeutsam für neuronale KI war unter anderem, dass man die Vorteile der früher vor allem in Videospielen eingesetzten Grafikkarten entdeckte. Sie sind gut im parallelen Verarbeiten von Signalen, so wie das Gehirn. Dies hat der KI einen grossen Sprung ermöglicht, sagt der Pionier der KI-Forschung, Jürgen Schmidhuber (60), im Interview mit Alain Zucker, 29. April 2023, NZZmagazin. Schmidhuber vergleicht den Lernprozess von KI mit der Entwicklung des Hirns eines Babys. Lernfähigkeit ist in der Tat das zentrale Merkmal der modernen künstlichen Intelligenz! Im Gegensatz zu bisherige KI-Methoden, wie Sprachübersetzungen, die Anhand vieler Trainingsbeispiele, etwa aus dem Europäischen Parlament, beispielsweise deutsche Texte ins Französische übersetzen, lernen künstliche neuronale Netze, Sprache oder Video zu erkennen, Handlungen vorherzusagen und Belohnungen zu maximieren.

Kreativität dank «künstlicher Neugier»
Ein Baby ist kreativ. Erst hat es keine Ahnung von nichts, weiss nicht einmal, dass es Augen oder Finger hat. Mit zunächst zufälligen Ausgaben seines Gehirns bewegt es seine Finger und lernt über seine Kameras, also die Augen, was dies bedeutet, um immer besser voraussagen zu können, was als Nächstes passieren wird. Es konzentriert sich dabei auf Dinge, die es noch nicht gut kennt. Es ist wie ein kleiner Wissenschafter, der Experimente durchführt. Was passiert, wenn ich meinen Finger so krümme? Und was das Baby einmal versteht, wird langweilig, es wendet sich Neuem zu und dehnt so den Horizont seines Wissens aus.

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation: 2023 Works of Wonder, Erweiterung des Naturhistorischen Museums von Studio Gang Architekten, New York. Bild: Timothy Schenck/© AMNH

Der Wettstreit um Albert Einstein
Gemäss Jürgen Schmidhuber können (neuronale) KI-Netzwerke durchaus kreativ sein und so erklärt er gleich sein erstes kreatives neuronales System aus dem Jahr 1998 wie folgt:
«Zwei neuronale Netzwerke sind zu Beginn völlig ahnungslos. Das erste produziert anfänglich zufällige Handlungsanweisungen («Bewege den Arm wie folgt . . .»), während das zweite vorherzusagen versucht, was genau dabei herauskommen wird («Was sieht man, wenn man den Arm beobachtet . . .»). Das zweite ist also nur damit beschäftigt, Prognosen aufgrund der Anweisungen zu machen und sich durch den Abgleich mit den beobachteten Resultaten zu verbessern. Aber das erste Netzwerk fängt an, mit dem zweiten zu kämpfen. Es versucht, Anweisungen zu produzieren, deren Folgen das zweite Netzwerk überraschen. Das erste will den Prognosefehler maximieren, das zweite ihn minimieren: Das führt zu ständigem Lernen der beiden Netzwerke, die im Wettbewerb miteinander stehen, und zwingt das erste dazu, kreativ zu sein und sich immer wieder neue, überraschende Experimente auszudenken. Der Programmierer hat keine Ahnung, was bei so einem Wettstreit herauskommen wird. So wie die biologische Evolution keine Ahnung hatte, dass der Kampf unzähliger menschlicher Wettstreiter einst einen Albert Einstein hervorbringen würde.»

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation, 2023. Bild: John Hill/World-Architects

Sprachroboter wie ChatGPT
ChatGPT wiederum beruht auf einem Netz namens «Transformer» und ist damit eher wie ein anderes Netz, über das Schmidhuber vor dreissig Jahren publizierte. Damit lässt sich unter anderem gut voraussagen, was in einer Geschichte das nächste Wort sein soll. Was ist die natürliche Weiterführung eines Gesprächs? Hat man Millionen von Gesprächen gelesen, lässt sich dies ganz gut prophezeien, weil man wiederkehrende Muster erkennt. ChatGPT weiss daher mehr als viele Menschen und fasst auf Befehl Dokumente zusammen oder schreibt sie fort.

Der Mensch verschwindet nicht
Mit künstlicher Intelligenz betriebene Netzwerke werden für den Optimisten Schmidhuber in absehbarer Zeit bessere allgemeine Problemlöser sein als alle Menschen, die irgendwann wohl nicht mehr die Wichtigsten sein werden, aber nicht verschwinden. Schauen Sie sich um, sagt er, die Ameisen sind ja auch noch da! Die gibt es schon viel länger als die Menschen, und obwohl wir klüger sind, haben wir kein Interesse daran, alle Ameisen auszurotten. Schon als Bub in den 1970er Jahren wurde ihm klar, dass es zu seinen Lebzeiten eine neue Sorte von Intelligenz geben könnte, die seine eigene armselige übersteigt. Die Grenzen künstlicher Intelligenz bestehen aber heute weiterhin, sobald man den virtuellen Raum verlässt und dahin geht, wo reale Zimmerleute arbeiten, Fussballer Bälle jonglieren und Produkte gefertigt werden. Kein Roboter kann (vorläufig) auch nur annähernd mithalten mit dem unglaublichen Geschick eines Handwerkers – oder den Fussballkünsten eines 7-Jährigen. Daraus ergibt sich, dass manche Schreibtischtäter heute eher ersetzbar sind als Handwerker.

«Künstliche Intelligenz ist gefährlicher als der Klimawandel»
Der Klimawandel verändert die Menschheit nicht. Er bedroht uns von aussen, aber er ändert nichts an dem, was es bedeutet, Mensch zu sein. Die neuen Technologien wie KI und Bioengineering – also Eingriffe ins Hirn – werden aber höchstwahrscheinlich die Menschheit komplett verändern. Yuval Noah Harari (47), Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem, im Interview mit Rico Bandle, 29. April 2023, TA-SonntagsZeitung, zeichnet ein dystopisches Bild von künstlichen Intelligenzen, die bald superschlau sind und die Menschen versklaven, wenn man sie nicht eng kontrolliert und reguliert.

Neue Technologien als zerstörer von Zivilisation
Neue Technologien könnten die Grundlagen unserer Zivilisation zerstören. Der Mensch sei einfacher zu manipulieren, als er denke. Harari, der weltbekannte Bestsellerautor und Mitunterzeichner des offenen Briefs zum sofortigen Entwicklungs-Stopp für leistungsfähige KI-Modelle glaubt an die Möglichkeit, dass die Technologie auch neue Bücher schreiben könne, mit eigenen, originellen Gedanken, was zu einem gesellschaftlichen Kontrollverlust führen könnte. Deshalb ist die Entwicklung dieser KI nicht mit anderen Erfindungen zu vergleichen. Als Beispiele nennt er den Buchdruck oder andere Informationstechnologien wie das Radio, welche nur die Ideen von Menschen kopieren und verbreiten konnten, jedoch keine neuen hervorbringen. Leute sagen dann, auch KI sammle doch nur Ideen und kombiniere sie dann einfach auf eine neue Art. Aber das ist genau das, was auch Menschen tun. Für seine Bücher lese er viele andere Bücher, nehme Ideen von hier und von dort, daraus entsteht dann etwas Neues.

Richard Gilder Center for Science, Education, and Innovation, 2023. Bild: John Hill/World-Architects

Werden wir bald überflüssig?
Yuval Harari argumentiert mit den menschlichen Mechanismen zur Kreativität. Der Mensch startet nie bei null. Es gibt keine Explosion im Hirn, die etwas völlig Neues herausbringt. In der Kunst oder der Musik baut alles auf früheren Werken auf. Künstler:innen verstehen es, bereits vorhandene Muster zu verändern, zu durchbrechen oder zu kombinieren. Das ist dann deren neue Schöpfung. Die Möglichkeiten des Menschen sind allerdings begrenzt. Komponist:innen können unmöglich alle Musikstücke hören, die je geschaffen wurden, um sich inspirieren zu lassen, sondern nur eine kleine Auswahl. KI hingegen kann das, deshalb wird sie uns Menschen irgendwann auch in der Kunst überholen, oder uns den Job wegnehmen. Experten in den USA warnen aber davor, künstliche Intelligenz in den Schulen zu verbieten. Sie fordern im Gegenteil einen proaktiven Umgang mit Sprach-KI – und weisen auf neu entstehende Berufsfelder hin: Teilweise seien für Prompt Engineers Gehälter von mehr als 300’000 Dollar möglich, schreibt Marie-Astrid Langer in der NZZ vom 2. Mai 2023. Die Welt verändert sich in immer höherem Tempo. Harari ratet deshalb, unseren Kindern vor allem beizubringen, wie man ein Leben lang lernt und sich ständig auf neue Situationen einstellt. Das ist viel wichtiger, als ihnen spezifisches Fachwissen wie Programmieren beizubringen. Die Leute müssen viel flexibler werden, ein Leben lang dazulernen, sich immer wieder neu erfinden.

KI Tutoren und Assistenten in der Bildung
Sal Khan (47), Gründer und Leiter der Khan Academy spricht im TED Talk 2023 über den Einsatz des Khanmigo chatbots auf der gemeinnützigen, kostenlosen Online-Bildungsplattform seiner Organisation. Diese hat seit ihrer Gründung in 2008 über 6’500 Videolektionen mit einem breiten Spektrum an akademischen Fächern produziert, ursprünglich mit den Schwerpunkten Mathematik und Naturwissenschaften. Im Gegensatz zu den Schlagzeilen der letzten Monate, insbesondere im Bildungsbereich, welche den Schüler:innen unterstellen, ChatGPT und andere Formen der KI nur zu verwenden, um zu schummeln und ihre Aufgaben zu erledigen, oder dass KI die Bildung, wie wir sie kennen, vollständig untergraben wird und die Schüler dabei nichts lernen werden, ist Khan ist überzeugt, dass wir an der Schwelle zum Einsatz von KI für die wahrscheinlich grösste positive Transformation stehen, welche die Bildung je gesehen hat. Mit den richtigen Leitplanken, wird die Technologie jedem Schüler und jeder Schülerin auf dem Planeten einen künstlich intelligenten, aber erstaunlich persönlichen Tutor geben und jedem Lehrer, jeder Lehrerin auf dem Planeten einen erstaunlichen, künstlich intelligenten Lehrassistenten zur Seite stellen können.

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