Blog, Industrie 4.0

#266 – Information und Kommunikation als Prozess

Das Büro: Ort des Austauschs und der Inspiration
Die Corona-Pandemie hat uns den Stellenwert intensiver Kommunikation näher gebracht. Auch wenn wir «Alten» uns das vielfach nicht eingestehen, haben wir in den letzten zwei Jahren unter einem Kommunikationsdefizit gelitten. Wir waren teilweise isoliert, mit unseren Gedanken alleingelassen. Die ursprüngliche Begeisterung zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 für die Arbeit im «Homeoffice» ist der Erkenntnis gewichen, dass der Austausch unter Kolleg:innen auf Distanz markant schwieriger ist. Die emotionale Bedeutung des Büros wird trotz dem Arbeiten von zu Hause zunehmen, glaubt der Architekt Antonino Vultaggio im Interview mit world-architects vom 4. April 2022. Zuhause muss man viel aktiver sein als im Büro, man muss Fragen stellen und Anrufe organisieren, um auf dem Laufenden zu bleiben. Auch die soziale Komponente ist betroffen. Digitale Meetings und Telefonate, WhatsApp-Nachrichten und E-Mails können die persönliche Interaktion nicht ersetzen. Wir mussten erkennen: Das Homeoffice ist nicht der primäre Arbeitsplatz der Zukunft; es ergänzt vielmehr die bestehende Vielfalt an Arbeitsformen.

SBCZ – Online Übertragung von Veranstaltungen während der Corona-Pandemie 2020-2022

Arbeitszeitvernichtung durch Besprechungen
Insbesondere kreative Prozesse werden auch weiterhin im Büro stattfinden, wo Menschen miteinander interagieren. Im Korridor, vor der Kaffeemaschine oder beim gemeinsamen Zmittag offenbaren sich oft spontan Lösungen zu anstehenden Problemen. Dafür müssen die Räumlichkeiten so gestaltet sein, dass Mitarbeitende gerne zusammenkommen, gleichzeitig muss aber weiterhin konzentriertes Arbeiten möglich sein. Das bedingt die Schaffung unterschiedlicher Orte, je nach Aufgabenstellung. Die Corona-Krise hat aber auch Schwachstellen der verschiedenen Zusammenarbeitsmodelle beleuchtet. «Es gibt ein paar Trends, die dazu geführt haben, dass Meetings während der Corona-Krise ineffizient wurden», sagt Philipp Kolo, Personalexperte bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). «Mehr Leute in einem Meeting zuzuschalten, ist in einer Videokonferenz sehr einfach. Das hat Vorteile, es bedarf aber auch einer sehr viel höheren Stringenz im Sitzungsmanagement.» Häufige Klagen: eine zu grosse Teilnehmerschar, überflüssige Wortmeldungen, mangelnde Struktur. Im Artikel auf ZEIT ONLINE vom 12. April 2022 «Arbeitszeitvernichtung durch Besprechungen» der Deutschen Presse-Agentur (dpa), stellen die Autoren fest, wie das Management und Mitarbeitende einen steigenden Teil ihrer Arbeitszeit in Besprechungen verbringen – mit potenziell schädlichen Folgen für Unternehmen und Motivation der Belegschaft.

Die Kosten qualvoller Sitzungen
Der von ineffizienten Besprechungen verursachte Schaden kann demnach weit über die reine Zeitverschwendung hinausgehen. Gemäss Nale Lehmann-Willenbrock, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg, sind Besprechungen immer dann sinnvoll, wenn gemeinsam Probleme gelöst, Prozesse abgestimmt oder neu angepasst werden müssen oder wenn auf Krisen reagiert werden muss. Doch ein mehr oder minder offenes Geheimnis in vielen Unternehmen ist, dass firmeninterne Politik, Macht- und Kompetenzgerangel eine mindestens ebenso grosse Rolle spielen wie das eigentliche Thema der Besprechungen. «Die Schätzungen zu verschwendeten Kosten durch ineffektive Meetings schwanken etwas in der Literatur, sind aber ein in der Forschung anerkanntes und weitreichendes Problem», sagt Professorin Lehmann-Willenbrock. Sie stellt fest: «Der mangelnde Return on Investment bei Meetings betrifft insbesondere Führungskräfte, da diese extrem viel Arbeitszeit in unterschiedlichen Sitzungen verbringen und gleichzeitig höhere Personalkosten erzeugen.» «Schwafelige» Meetings sind aber auch schädlich für das psychologische Wohlbefinden und das Engagement der einzelnen Mitarbeitenden. BCG-Personalexperte Kolo meint: «Wichtig ist die Strukturierung der Sitzungen, die Reduzierung der Teilnehmerzahl, und die Begrenzung der Zeit. Und: Dass ganz klar ist, was jeder Teilnehmer beitragen kann und soll.» Am Ende des Meetings sollten die To-Dos festgelegt sein, inklusive Verantwortlichkeiten und Zeitplan. Sitzungsprotokolle müssen innerhalb Tagesfrist den Teilnehmenden zum Kommentar zugänglich sein.

«Two Pizza Teams» und «Brownbag-Lunch»
Philipp Kolo verweist auf die grossen US-Techkonzerne, in der Unternehmenswelt bekannt für ihre straffen Vorgaben. Ein Beispiel sind die bei Amazon üblichen «Two Pizza Teams». Eine Arbeitsgruppe samt ihrer Meetings soll nicht mehr Mitglieder haben, als von zwei Pizzen satt werden. Ein Amazon-Meeting dauert in der Regel zwischen 45 und 60 Minuten, die Zeit soll exakt eingehalten werden. Auftakt ist das gemeinsame Lesen eines zuvor vorbereiteten maximal sechsseitigen Dokuments, damit alle auf dem gleichen Stand sind. Apropos Stand: Manche Unternehmen räumen die Stühle aus ihren Sitzungszimmern und statten diese mit Stehtischen aus, sagt BCG-Berater Kolo. «Dann gibt es keine Meetings mehr, in denen die Leute sitzen, Kaffee trinken und Kekse essen.» Doch es gibt auch die sinnvolle Möglichkeit Essen, Lernen und Kommunikation zu kombinieren. Als ehemaliger Leiter der SBCZ Schweizer Baumuster-Centrale Zürich, übernahm ich erfolgreich, das aus den USA bekannte Format des Brownbag-Lunch: Man trifft sich über Mittag im Konferenzzimmer, wo das Management bei Sandwich und Getränk über anstehende Entscheide kommuniziert. In der Centrale sind es jeweils über hundert Gäste, welche sich in der Mittagspause beim offerierten Brownbag-Lunch über ein aktuelles Thema in der Bauwirtschaft informieren. Im Anschluss besteht die Möglichkeit sich mit Referierenden bilateral auszutauschen, ohne die übrigen Teilnehmenden mit überflüssigen Fragen zu langweilen.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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