Blog, Industrie 4.0

#326 – Generation Z, X, Millenials und «Alte»

Wir sind immer auch ein Produkt unserer Zeit
Ein Berufskollege konnte kürzlich eine vakante Stelle neu besetzen, doch die Person hat nach wenigen Tagen wieder gekündigt, um eine «bessere» Aufgabe zu übernehmen. Auch wenn uns solches Verhalten ärgert und wir es gerne als Zeiterscheinung abtun, gab es dies schon früher. Aus eigener Erfahrung erinnere ich mich an eine Situation, wo ich an einem Tag gleich zwei neue Tätigkeiten aufnehmen sollte. Per eingeschriebenem Expressbrief kündigte ich der einen Arbeitgeberin und fuhr mit dem Zug ans andere Ende der Schweiz um meine «Wunsch-Stelle» anzutreten. Man ist sich selber eben immer am nächsten und Kompromisslösungen, wie beide Jobs in Teilzeit, existierten vor 40 Jahren schweizweit noch nicht.

Profitieren von Veränderungen
Unter dem Titel «Die Generation Z bewegt sich auf dem Arbeitsmarkt wie auf Tinder» in der NZZ vom 6. Juli 2023 spricht Christin Severin im Interview mit Dr. Eliza Filby, der britischen Generationen-Expertin. Filby untersucht die Gesellschaft aus der Optik des Alters – von den Babyboomern (geboren zwischen 1946-1964) bis zur Generation Alpha (geboren zwischen 2010-2023) und ist überzeugt, dass von den Veränderungen, die durch die Generation Z (geboren zwischen 1997-2012) angestossen wurden, alle profitieren könnten. Viele «Alte» würden das aber nicht erkennen. Zwar würden bei der Generationen-Analyse häufig lediglich Stereotype hervorgebracht, dabei hälfen die Kategorien Alter und Generation, die Menschen als Produkt ihrer Zeit zu sehen. Unternehmen die sich für «Diversity» stark machen, meinen meist die Geschlechterdurchmischung und nicht die Altersdiversität.

Design Bureau, USSR, 1960er Jahre, kurz vor dem Durchbruch von AutoCAD (Computer Aided Design)

Altersdiskriminierung ist ein Problem
Wir brauchen die «Alten»: produktiv, motiviert und nicht auf dem Abstellgleis. Die Wünsche der Babyboomer haben sich verändert. Sie wollen weniger arbeiten, denn die Covid-Pandemie hat vielen von ihnen gezeigt, dass sie nicht mehr jung sind. Covid war altersdiskriminierend. Plötzlich galten die Generation X (geboren zwischen 1965-1980) und die Boomer als verletzlich. Bleiben Sie zuhause, wenn Sie über 65 Jahre alt sind, proklamierte der Bundesrat recht überheblich. Das hat unseren Fokus vermehrt auf die Bedeutung der eigenen Gesundheit gelenkt. Kommt dazu, dass sich viele «Alte» emotional aus dem Arbeitsleben ausklinken, vor allem Männer. Die Gender-Debatte hat viele Männer entfremdet, auf ein Abstellgleis verfrachtet und verstummen lassen. Sie haben Sinn und Status verloren, konstatiert Eliza Filby.

Sich auf dem Arbeitsmarkt wie auf Tinder bewegen
Das Alter der Menschen ist sehr polarisierend. Es spaltet die Gesellschaft, und zwar mehr als das Geschlecht oder die Zugehörigkeit zu einer Ethnie. Das Alter hat in der Arbeitswelt lange den hierarchischen Status definiert. Je älter, desto höher. Diese Hierarchie wird aufgebrochen, beobachtet Filby. Die Jungen haben sehr viele Optionen. Sie spüren, dass sie am Arbeitsmarkt gefragt sind. Sie gelten als agiler, flexibler und billiger. Sie sind technologisch versiert. Zwei Drittel der Millennials (geboren zwischen 1981-1996) wollen selbst Unternehmerinnen und Unternehmer werden, aber nicht Angestellte in grossen Unternehmen. Das Interesse an der Generation Z hat aber auch Nachteile. Die Jungen wissen um ihren Wert und bewegen sich auf dem Arbeitsmarkt wie auf Tinder. Selbst wenn sie für einen Job zugesagt haben, schauen sie weiter. Sie sind hyperindividuell. Sie fragen nicht mehr: Was kann ich für das Unternehmen tun? Sie fragen: Was kann das Unternehmen für mich tun? Wo kann ich mich am besten verwirklichen.

Frauen am Arbeitsplatz der Nachkriegszeit, Bild: Pinterest

Die Jungen können von den «Alten» lernen
Die Generation Z ist mit weniger Formalität aufgewachsen. In der Arbeitswelt muss man ihnen zum Teil Regeln erst noch beibringen, die für andere selbstverständlich sind. Zum Beispiel das Telefon abzunehmen, wenn es klingelt. Die Generation Z ist es nicht mehr gewohnt, E-Mails zu beantworten. Kommuniziert wird per Slack oder mit Voice-Nachrichten, bemerkt Eliza Filby. Die Generation X und zum Teil auch die Boomer wollen sich ihrerseits nicht aus ihren Positionen verdrängen lassen. Sie wollen weiterarbeiten beziehungsweise müssen dies zum Teil auch aus finanziellen Gründen. Veränderungen gibt es aber auch für die Arbeitgebenden. Die Unternehmen müssen lernen, mit Angestellten zu leben, die ihr Einkommen aus mehreren Quellen beziehen. Die Jungen betreiben neben ihrem Job vielleicht noch einen kleinen Online-Shop. Die Älteren arbeiten zum Ende ihrer Karriere vermehrt reduziert auf Mandatsbasis. Das Erwerbsleben endet nicht mehr auf dem Höhepunkt. Der Ausstieg wird gleitender. Es wird Zeit brauchen, bis sich die Unternehmen daran gewöhnen. Die «jungen Wilden» können von den «Alten» zwischenmenschliche Fähigkeiten lernen. Die Fähigkeit, Beziehungen zu pflegen, Achtung zu zeigen und Formalitäten einzuhalten, wenn es das braucht. Die Jungen sind oft ungeduldig; sie können eine gewisse Art der Geduld und Gelassenheit lernen. Der vermehrte Einsatz von KI künstlicher Intelligenz wird uns dazu zwingen, unseren Fokus auf Ethik und menschliche Werte zu richten. Da haben wir «Alten» die Nase vorn.

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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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#281 – Arbeitsethik in der Generation Z

j.m.@wyland (20 Minuten online-Kommentar)
«Kein Wunder fordern die Jungen mehr bei weniger Lohn. Mein letzter Projektleiter hat den PC als «rotes Tuch» bezeichnet und wusste nichtmal wie man eine Datei in einen Ordner verschieben kann. Er hat 180K im Jahr verdient zusätzlich noch ein 50% Pensum einer Assistentin benötigt die seine PC Arbeit erledigt hat und noch ein 50% Pensum eines Bauleiters verbraucht, der die ganze PL-Arbeiten erledigte. Am Ende des Tages war er 10h im Büro und hat dabei die Arbeit erledigt, für die ich max. 2h brauche (und ich bin über 30 und nicht so versiert mit dem PC wie die noch jüngere Generation). Klar er ist ein Extrembeispiel, aber die Effizienz ist in der heutigen Zeit fast wichtiger als Erfahrung, denn was bringen Erfahrungen in veralteten Methoden?»

«Alte» Mitarbeitende, Fluch oder Segen?
Der Kommentar ist meiner Meinung nach Ausdruck einer gewissen Ohnmacht gegenüber dem Status quo. Solche Chefs sind, gerade in KMU, leider immer noch anzutreffen. Dabei haben Unternehmen und deren Führung die Aufgabe, der Arbeit entsprechende Rahmenbedingungen zu geben, die es ermöglichen, dass die Mitarbeitenden diese Kriterien erleben können. Mikromanagement muss der Delegation von Tätigkeiten mit den entsprechenden Verantwortlichkeiten weichen. Was «j.m.@wyland» im Kommentar jedoch verwechselt, sind die zwei Begriffe: «Wissen und Erfahrung». Während unsere Erfahrung mit fortschreitendem Alter immer grösser wird, muss unser Wissen durch lebenslanges Lernen und den aktiven Austausch immer wieder aktualisiert werden. Die Jungen rennen vielleicht schneller, aber wir «Alten» kennen den Weg, sagte Marco Solari (78), Präsident des Internationalen Filmfestivals von Locarno, 2022 im Interview. Die Inputs von uns «Alten» seien nützlich, meint er, auch wenn wir die Sprache unserer Enkelkinder nicht mehr verstehen. Das Mentoring muss deshalb in beide Richtungen funktionieren. Durch «Reverse-Mentoring» sollen jüngere Fachkräfte, auf Augenhöhe mit uns «Alten», beispielsweise die Gelegenheit erhalten, digitale Prozesse zu erklären.

Herausfordernde Zielkonflikte
Der Generationenbeitrag von Fabian Pöschl und Nicolas Meister, 26.Juli 2022 auf 20 Minuten online unter dem Titel «Weniger arbeiten: Fährt die Generation Z den Schweizer Wohlstand an die Wand?», auf den sich der Kommentar von «j.m.@wyland» bezieht, stellt den Wert von Arbeit im Allgemeinen zur Diskussion. Die Generation Z will nicht mehr alles dem Job unterordnen, viel wichtiger sind Freizeit und Familie, auch wenn gemäss Ökonomen damit der Schweizer Reichtum gefährdet sei. Die Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 auf die Welt gekommen ist, wolle Teilzeit und im Homeoffice arbeiten. Wenn die Arbeit ausnahmsweise mal bis ins Wochenende dauere, seien viele nicht bereit dazu, sagt Diana Gutjahr (38, SVP), Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Hart zu arbeiten für eine erfolgreiche Karriere, ist heute nicht mehr angesagt, konstatiert auch Prof. Dr. Christian Fichter (51), Sozial- und Wirtschaftspsychologe an der Kalaidos Fachhochschule. Beeinflusst habe den Wertewandel zu mehr Freizeit auch der Wohlstand in der Schweiz. Doch: «Wohlstand kommt nicht von Erholung, sondern von entbehrungsreichen Zeiten», so Fichter.

Gian Maria Tosatti (42) «Geschichte der Nacht» – Aufstieg und Fall des italienischen industriellen «Wunders», Venice Biennale ARTE 2022. Bild: Andrea Avezzù courtesy La Biennale di Venezia

Sinn und Zweck von Arbeit hinterfragen
Während wir «Alten» noch im Beruf «aufgingen», machen sich viele Junge Gedanken über den Sinn von Arbeit. Ralf Haase’s (58) Post on LinkedIn vom 30. Juli 2022 mit dem Titel: «Wieviel Purpose braucht sinnvolle Arbeit?» schreibt dazu: Purpose (Zweck) ist kaum mehr aus den «NewWork-Diskussionen» wegzudenken. Doch ist die Forderung an Führung und Unternehmen, einen übergeordneten Sinn und Zweck der mit und in ihnen geleisteten Arbeit zu suchen und zu definieren, auch wirklich sinnvoll? Nein findet er, denn Sinn lässt sich nicht verordnen. Umgekehrt ergäbe «wirklich jede Arbeit Sinn, sofern sie als Ganzes oder in wesentlichen Teilen diese fünf Voraussetzungen erfüllt: Sie ist vielfältig (1) und bedeutsam (2), kann von vorne bis hinten (3) und relativ autonom (4) ausgeführt werden und sie bietet Feedback (5). Jeder dieser fünf Faktoren steigert die Sinnhaftigkeit – und das deutlich mehr als jeder Purpose.»

Eine Bedrohung für die Wirtschaft?
Im Beitrag von Fabian Pöschl und Nicolas Meister fragen die Autoren nach der Bedeutung für die Wirtschaft, wenn Arbeitnehmende nicht mehr bereit sind, hundert Prozent und mehr zu arbeiten? Prof. Dr. Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, befürchtet, dass sich der Fachkräftemangel noch verstärke, weil es weniger qualifizierte Arbeitskräfte gebe. Dies hat Folgen für die Produktivität. Fehlende Arbeitskräfte seien neben Lieferengpässen die grösste Bedrohung der Wirtschaft.

Generation Z hilft gegen den Fachkräftemangel
Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger (61) von der Uni Freiburg hingegen glaubt nicht, dass es schade, wenn mehr Leute Teilzeit arbeiteten. «Früher ging der Mann arbeiten und die Frau machte den Haushalt, heute arbeiten beide, dafür reduziert. Das gleicht sich aus», so Eichenberger. Die Schweiz arbeite ohnehin viel. In anderen Nationen wie Dänemark seien 34-Stunden-Wochen Standard. Arbeitspsychologin Dr. Nicola Jacobshagen sagt, man könne die jüngste Generation nicht als Faulenzer abstempeln. «Sie haben andere Vorstellungen vom Leben und von der Arbeitskultur. Bei ihnen dreht sich nicht alles um die Arbeit». Ausserdem sei die Generation Z noch sehr jung und werde sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. «Als digital natives werden viele von ihnen die Digitalisierung positiv beeinflussen und den Fachkräftemangel, zum Beispiel in der Informatik-Branche, verringern können», so Jacobshagen. Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch die Politik (Gesetzgeber) müssen sich noch an die neue Arbeitshaltung der Generation Z anpassen.

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#276 – «Alte» im Arbeitsmarkt?

Eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz
Dieser Tage wird viel über das Potenzial der «Alten» als Ausweg aus dem Fachkräftemangel diskutiert. Doch wie sieht dies in Wirklichkeit aus? Sind wir «Alten» bereit oder fähig, auf die schnellen Veränderungen in der Wirtschaft einzugehen? So einfach ist es eben nicht. Vieles was wir in der Vergangenheit gelernt und jahrelang ausgeübt haben, ist heute automatisiert. Prozesse verändern sich dauernd, gewisse Schritte werden nicht mehr gebraucht, Geschäftsmodelle werden von der Folgegeneration hinterfragt. Tröstlich zu wissen, dass kreative Menschen mit genügend Sozialkompetenz durch digitale Technologien nicht so schnell ersetzt werden, was denjenigen unter uns, die neugierig genug geblieben sind einen Vorteil verschafft. Falls es unsere Gesundheit zulässt und wir weiterhin vertrauensvolle, kommunikative und verlässliche Partner sind, passen wir ins Team. KI künstliche Intelligenz wird die Menschen nicht überflüssig machen, ausser jene, die sich weigern, den Umgang mit KI (beispielsweise im Datenmanagement) zu lernen. Doch es ist auch eine gesellschaftliche Frage, denn oft sind Alter, Herkunft und Geschlecht im Anforderungsprofil der Stellensuchenden wichtiger als Flexibilität, breite Erfahrung und vorhandenes Potenzial.

«Alte» im Arbeitsmarkt: Wunschdenken oder Realität
Wie realistisch ist es, dem Fachkräftemangel durch ein erhöhtes Rentenalter oder durch den Rückgriff auf bereits Pensionierte «Alte» zu begegnen? Der Beitrag «Mitarbeiter verzweifelt gesucht» von David Vonplon, NZZ vom 29. Juni 2022, widmet sich dem Thema. Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), sieht die Schwierigkeiten, ältere Arbeitskräfte länger im Arbeitsmarkt zu halten den Umständen geschuldet. «Die Schweiz hat eine sehr grosszügige Altersvorsorge. Darum sehen die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinen Grund, über das Pensionsalter hinaus weiterzuarbeiten.» In anderen Ländern sei dies anders: Dort brauchten viele Menschen in Rente ein «Jöbli», um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Meine Erfahrung mit der Plattform «kompetenz60plus.ch» zeigt ein Bild von durchaus interessierten «Alten», solange damit wenig oder kein Aufwand verbunden ist. Das ist verständlich, denn mit dem Alter verlieren wir etwas an (jugendlicher) Energie und wünschen uns eine Situation mit weniger Risiken und Verantwortlichkeiten. Auch die Fittesten unter uns sehen sich demzufolge weniger als Velokuriere, sondern unterstützen lieber teilzeitlich das Backoffice. Unsere Kompetenzen beruhen auf gemachten Erfahrungen, die wir als Coachs oder Mentor:innen gerne an die nächste Generation weitergeben.

Eva Aeppli (1925-2015), Groupe de 13 (Hommage à Amnesty International), 1968, Centre Pompidou
Foto: © Philippe Migeat – Centre Pompidou

Stellenangebot übertrifft aktuell die Zahl der Arbeitslosen
Seit 2003 erhebt das Bundesamt für Statistik quartalsweise die offenen Stellen. Doch das hat es noch nie gegeben: Ende Mai lag die Zahl in der Schweiz erstmals über 100’000. Und noch bemerkenswerter: Erstmals übertraf das Stellenangebot die Zahl der Arbeitslosen. So standen 114’000 unbesetzte Stellen 98’000 Personen gegenüber, die bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren als erwerbslos registriert waren. Gemäss Boris Zürcher verliessen in den Pandemiejahren viele Arbeitskräfte ihren Beruf, haben sich umorientiert oder gingen in Pension. Entsprechend ist in gewissen Branchen nun der Personal- und Fachkräftemangel gross. In früheren Zeiten konnte die Schweiz offene Stellen jeweils problemlos durch Arbeitskräfte aus dem Ausland besetzen. Doch heute ist das schwieriger. Hauptgrund dafür ist, dass in vielen anderen Ländern Europas gegenwärtig ebenfalls Vollbeschäftigung herrscht.

Hilfe für KMU
Dass das Personal an allen Ecken und Enden fehlt, bekommen vor allem Gewerbebetriebe und KMU schmerzhaft zu spüren: Hotels und Restaurants müssen tageweise oder ganz geschlossen werden. Installateure müssen Aufträge ablehnen, Spitex-Organisationen können nur einen Teil der Dienstleistungen ausführen, Verkehrsbetriebe und Schulen müssen Studierende anstellen. Wie eine Auswertung der Jobbörse Indeed für AWP kürzlich ergab, fehlen passende Bewerberinnen und Bewerber insbesondere für Führungsfunktionen. Neugierige und agile «Alte», die sich weiterbilden und am Puls der Zeit sind, wären hier ideale Kandidaten, auch als Unterstützung auf Teilzeitbasis.

Neue Arbeitsmodelle für ältere Mitarbeiter gefordert
Mit dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt beschäftigt sich auch Simon Wey, Chefökonom beim Schweizerischen Arbeitgeberverband. Dass die erwähnten Arbeitskräfte zurückkehrten, beurteilt er als unwahrscheinlich. Tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen, sowie ein während der Pandemie verschlechtertes Image gewisser Branchen nennt er als Gründe. Priorität im Kampf gegen den Personalmangel muss laut Wey allerdings sein, das Potenzial an Arbeitskräften im Inland besser auszuschöpfen. Neben den bekannten Rezepten macht sich der Ökonom für die Einführung neuer Arbeitsmodelle für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark. «Nicht wenige ältere Arbeitskräfte haben Mühe, im Alter mitzuhalten, und bekommen Existenzängste», sagt Wey. Biete man diesen Leuten ein Teilzeitpensum mit etwas weniger Verantwortung an, so trage dies zu einem gefestigteren Arbeitsverhältnis und einer grösseren Zufriedenheit bei. Das erhöhe die Bereitschaft, über das Pensionsalter hinaus zu arbeiten. Boris Zürcher ist skeptischer, was das ungenutzte Potenzial an Arbeitskräften im Inland betrifft. Im internationalen Vergleich sei die Beschäftigungsquote hierzulande bereits rekordhoch. Vielmehr zeige sich, dass auch viele Frauen, die keine Familie hätten, bloss Teilzeit arbeiteten. Es handle sich dabei um einen Wohlstandseffekt: Schliesslich könne man in vielen Berufen auch mit einem Pensum von 60 oder 80 Prozent ein gutes Einkommen erwirtschaften.

Firmen müssen sich bewegen
Während sich die geburtenstarken Babyboomer also gerade massenweise in die Pension verabschieden, bleibt den Unternehmen nichts anderes übrig, als ihre Attraktivität als Arbeitgebende zu steigern, wenn sie ihre offenen Stellen besetzen wollen. Und dabei geht es nicht nur um die Löhne. «Genauso wichtig ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit erhalten, ihre Arbeitszeiten und ihren Arbeitsort selber wählen können und es Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt», sagt Wey. Gemäss Daniel Lampart, Chefökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, habe sich der Anstellungsprozess bereits verändert: Auch Bewerber, die nicht alle Qualifikationen für eine Stelle mitbrächten, könnten sich Chancen auf einen Job ausrechnen. «Erkennen die Firmen Potenzial in den Arbeitskräften, sind sie auch vermehrt bereit, diese Personen zu unterstützen und fortlaufend ‹on the job› auszubilden.»

Kraft des Wandels erkennen
Nicole Rütti, schreibt in der NZZ vom 19. Juni 2022 wie Firmen um die Gunst der Generation Z, die Altersgruppe der zwischen 1997 und 2012 geborenen, buhlen. Etwa 1,4 Millionen Schweizerinnen und Schweizer gehören zur Generation Z. Inzwischen bilden die nach 1996 Geborenen schon knapp 12 Prozent der Erwerbstätigen. Die jungen Leute sind schliesslich die Berufseinsteiger von heute und die Kunden von morgen. Wie man diese Kraft des Wandels einbindet, um Erkenntnisse und Ideen zu gewinnen, die uns in eine bessere Zukunft führen, müssen auch wir «Alten» verstehen. Für die junge Generation sind vor allem Nachhaltigkeit, Ethik, Gerechtigkeit, flache Hierarchien und flexiblere Arbeitsmodelle wichtig. Die Jungen sind oft gut ausgebildet, wissbegierig und digitalaffin und Firmen die auf der Suche nach Geschäftsmodellen der Zukunft sind, erhoffen sich von der Generation Z neue Impulse. Dazu müssen sie offener kommunizieren, ein neues Führungsverständnis entwickeln und den Jungen mehr Verantwortung übertragen.. Auch ein umgekehrtes Mentoring ist denkbar. Dabei schlüpft eine ältere Person in die Rolle des Mentee und lernt – beispielsweise bei digitalen Themen – von einer jungen Person. Bei all diesen Anpassungen steht allerdings nicht nur die Generationenfrage im Vordergrund. Der Wandel der Arbeitswelt geht weit darüber hinaus. Mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen ist es wenig ratsam, Babyboomer, Millennials und Generation Z gegeneinander auszuspielen, sondern ein gemischtes Team an Bord zu haben, das ein Unternehmen vorantreibt. Erfahrung und Ideen, Kreativität und Strukturen sowie die gegenseitige Anerkennung der unterschiedlichen Stärken und Perspektiven, gehören ebenso dazu, wie die richtigen Fragen zu stellen.

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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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