Blog, Industrie 4.0

#210 – Lebenslanges Lernen

Studieren ohne Matura
Im Interview mit Michael Furger und Peter Hossli, NZZ am Sonntag, 6.März 2021, spricht Michael Schaepman, Rektor der Universität Zürich, über seine geplante Bildungsrevolution. Er will seine Hochschule für alle öffnen, Vorlesungen können künftig auch nur zehn Minuten dauern und Uni-Gebäude sollen Sponsoren-Namen tragen. Der niederländisch-schweizerischer Doppelbürger findet, eine Universität muss mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten. Heute wird in Zürich eine akademische Bildung ab zwölf Jahren eingefädelt, doch viele öffnen den Knopf erst später im Leben. Die Universität Zürich bietet Tausende Vorlesungen an, die auch öffentlich sein könnten, für diejenigen die sich individuell qualifizieren wollen. Heute fehlt ein Konzept für lebenslanges Lernen, das es Menschen erlaubt, sich individuelle Lehrveranstaltungen anrechnen zu lassen. Seine Idee ist es deshalb, dass man sein eigenes Weiterbildungspaket zusammenstellen kann, zugeschnitten auf die persönlich fehlenden Kompetenzen. Die besten Beispiele sind die Apple University oder die Singularity University (beide seit 2008 in Kalifornien), wobei die Universität Zürich eine Ausbildung unabhängig von der Wirtschaft anbieten würde.

Ein Baum strebt nach Licht aus einem verlassenen Silogebäude, unbekannter Ort. Bild: Bored Panda

Der 45-Minuten-Takt
Auch die Dauer von Vorlesungen muss überdacht werden. Vorbei ist die Vorstellung, dass von der Primarschule, über das Gymnasium bis zur Uni alles in 45 Minuten vermittelbar sei. In einem flexiblen System würden Dozierende und Studierende jeweils über eine App im Voraus erfahren, wann und wo eine Veranstaltung stattfindet und wie: als Präsenzveranstaltung, über Video oder als Kombination von beidem. Eine Vorlesung darf auch einmal nur zehn Minuten dauern. Dabei bestimmt der Inhalt die Dauer, nicht umgekehrt. (Auf der Plattform TED gelten maximal 17 Minuten als Richtmass für Beiträge.)

Qualität statt Quantität
Natürlich lösen solche Vorschläge Kritik aus, vor allem von Seiten der Fachhochschulen, die darin eine Konkurrenz sehen. Auch gewisse Akademikerkreise fühlen sich bedroht von einer scheinbaren Flut an Zertifikaten. Prof. Adrian Altenburger, Co-Institutsleiter Gebäudetechnik und Energie, Studiengangleiter Bachelor Gebäudetechnik, Hochschule Luzern Technik & Architektur, schreibt auf LinkedIn: Erfolgsmodell Bildungssystem Schweiz auf dem Prüfstand – Quantität vor Qualität? Das akademische Bildungsangebot beliebig zugänglich zu machen widerspiegle den Zeitgeist im Westen, welcher sich seit einiger Zeit dem «anything goes» fügt und damit ein «downgrading» forciert, was er als nicht nachhaltig erachte. Das Beispiel mit beinahe beliebig zugänglichen MBA’s zeige, dass kaum Mehrwerte geschaffen, sondern lediglich ein Bildungsgeschäft mit akademischem Anstrich befeuert wurde. Er wünscht sich nicht nur die besten Ingenieurinnen und Naturwissenschafter, sondern auch die besten Elektriker und Schreinerinnen. Die Hochschulen sollten das Primat des Bildungsauftrags hoch halten und insbesondere die anwendungsnahe Forschung verstärkt in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft mit weniger öffentlichen Mitteln bestreiten.

Die persönliche Entwicklung fördern
Doch genau dort ist eine verpasste Chance, indem wir immer noch unterscheiden zwischen handwerklicher und akademischer Laufbahn. Mit dem vorgeschlagenen Bildungsmodell der Universität Zürich entstünden Möglichkeiten für die individuelle Entfaltung von Fähigkeiten nach dem Prinzip «Überleben der Stärksten» in einer freien Marktwirtschaft. Nicht die Entscheidung im Alter von 12 Jahren, sondern die Interessen und Stärken der Individuen als Folge ihrer Entwicklung sollen deren Lebensweg bestimmen. Somit können auch AkademikerInnen später als qualifizierte HandwerkerInnen ihren Beitrag leisten. Auch für uns «Alte» eröffnen solche Modelle die Möglichkeit zur Teilnahme an relevanten Diskussionen.

Kompetente «Alte» stellen ihre Erfahrung zur Verfügung
«kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Wir «Alten», Frauen und Männer, im Team auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden», stellen unsere Erfahrung mit Leidenschaft zur Verfügung. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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