Blog, Industrie 4.0

#248 – Kompetente Inkompetenz

Falsche Perfektion kostet Zeit und Geld
Der aktuelle Newsletter von «adlatus Zürich + Agglomeration», dem Netzwerk von erfolgreichen, erfahrenen Führungskräften, motivierte den heutigen Blogbeitrag. Es geht um Erkenntnisse, welche Cyril Northcote Parkinson, Britischer Historiker (1909 – 1993) im Wirtschaftsmagazin «The Economist» unter dem Titel «Parkinson’s Law» 1955 veröffentlichte. Wir «Alten» haben einige davon in unseren «Karrieren» aktiv perpetuiert und wir finden sie bis heute in manchen KMU-Betrieben wieder. Gemäss Parkinson gilt: «Arbeit dehnt sich genau in jenem Masse aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht». In den USA pflegten wir zu sagen: «Wenn du etwas schnell erledigt haben willst, gib es jemandem der viel zu tun hat». Es geht folglich nicht darum, wie komplex eine Aufgabe ist, sondern wieviel Zeit uns für deren Erledigung zur Verfügung steht. Die Abwägung und der Entscheid, wieviel Zeit muss, kann und will ich in eine Aufgabe investieren, steht daher immer am Anfang. Perfektion am falschen Ort kostet unnötig Zeit und Geld. Dank Aussensicht und Erfahrung sind wir «Alten» prädestiniert, in Coachings oder durch Mentoring jüngere Teams bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen.

Webseite TopCV, United Kingdom

Weniger Arbeit und mehr Chefs
Im Studium der Sozial- oder Gesellschaftswissenschaften setzen wir uns mit den Phänomenen des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen auseinander. Den Verflechtungszusammenhängen von Institutionen und Systemen und auch deren Wechselwirkung mit Handlungs- und Verhaltensprozessen der einzelnen Individuen. Parkinson stellt fest: «Mitarbeitende wünschen, die Zahl ihrer Untergebenen, nicht jedoch die Zahl ihrer Rivalen zu vergrössern.» Mit seiner Kritik nahm er auch die Marine ins Visier. Dort stieg zwischen 1914 und 1928 die Zahl der Admiräle um stolze 78 Prozent, während dessen die Anzahl der Schiffe um 67 Prozent und diejenige der Offiziere um mehr als 30 Prozent gesunken war. Man könnte auch sagen: Es gab weniger Arbeit und mehr Chefs.

«Verzögerung ist die tödlichste Form der Ablehnung»
Mangelndes Vertrauen, Angst vor Fehlern und die Unfähigkeit, für eigene Fehler einzustehen oder die Verantwortung für Mitarbeitende zu übernehmen, führt zu einer steigenden Zahl von Regulativen. Diese können sogar dazu führen, dass die Fähigkeit zu selbständigem Denken durch Mitarbeitende abnimmt. Besonders in Krisensituationen ist Voraussicht, das Denken in Szenarien und das Erarbeiten von vorbehaltenen Entschlüssen wichtiger als das Handeln nach Reglementen. Parkinson beschreibt beispielhaft auch die Bemühungen von reformwilligen Mitarbeitenden, welche oft auf entscheidungsunwillige Vorgesetzte treffen. Diese spielen auf Zeit und zögern durch Ausreden eine Entscheidung hinaus. Auch die Option, wiederholt Fakten zu sammeln, kann zu dauerhaften Verzögerungen führen. Hier dient dann das Sammeln von Fakten als Ersatz für das Fällen von Entscheidungen. «Die durch menschliches Versagen entstandene Leere wird stets durch neue Tätigkeit wieder ausgefüllt.» Dieser Effekt findet vor allem auf der emotionalen Ebene statt. Dann sind Emotionen stärker als sachlogische Argumente. Wir nennen das auch «Prokrastination». Wenn in einem definierten Zeitintervall eine bestimmte Anzahl offener Arbeiten zu tun sind, von denen einige positive und andere negative Assoziationen wecken, werden zunächst diejenigen Arbeiten ausgeführt, die einem Freude oder Spass bringen, selbst wenn diese irrelevant sind. Wenn letztlich keine «guten» Arbeiten mehr zu tun sind, werden einfach neue erfunden.

Webseite: The Council on Business & Society, Paris, France

Das Peter-Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen
Da kommt mir unmittelbar auch der kanadisch-US-amerikanische Lehrer, Erziehungs- und Sozialberater, Schulpsychologe, Autor und Professor, Laurence Johnston Peter (1919-1990) in den Sinn. Das Peter-Prinzip ist seine These und lautet: «In a hierarchy every employee tends to rise to his level of incompetence.» In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen. Sie wurde mit eigenen Notizen zusammen mit Raymond Hull in dem Buch «The Peter Principle» formuliert, das 1969 bei William Morrow in New York erschien. Es zählt zu den Klassikern der nordamerikanischen Managementliteratur. Die deutsche Erstausgabe erschien 1970 unter dem Titel «Das Peter-Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen» im Rowohlt Verlag.

Stufen der Inkompetenz
Peters These ist, dass jedes Mitglied einer ausreichend komplexen Hierarchie so lange befördert wird, wie es auf seiner bisherigen Position erfolgreich ist. Übersteigen die Anforderungen der neuen Position aber die Fähigkeiten, bleiben weitere Beförderungen aus. Umgekehrt bleiben Mitglieder, deren Fähigkeiten für eine höhere Position geeignet wären, schon in den unteren Stufen hängen, in denen sie weniger erfolgreich sind: Dadurch markiert in der Regel das persönliche Maximum der Karriere­leiter das Mass einer maximalen Unfähigkeit innerhalb der Hierarchie. Peter konstatiert: «Nach einer gewissen Zeit wird jede Position von Mitarbeitenden besetzt, die unfähig sind, ihre Aufgabe zu erfüllen.» Die einzige Einschränkung ist, dass genügend Hierarchie-Stufen vorhanden sind. Im Buch werden viele Beispiele für Hierarchien in Wirtschaft und Verwaltung sowie die Unfähigkeit der dort Beschäftigten beschrieben. Seine konkreten Erfahrungen mit Hierarchien hat Peter hauptsächlich aus der kanadischen Schulverwaltung. Die Verteilung der Stufen der Inkompetenz stellt er anhand der Gaussschen Normalverteilung dar. Es stellt sich damit die Frage, wer in einer Hierarchie die Arbeit leistet und Peter ist der Meinung, dass nicht alle zur gleichen Zeit ihre Stufe der Unfähigkeit erreichen: «Die Arbeit wird von den Mitarbeitenden erledigt, die ihre Stufe der Inkompetenz noch nicht erreicht haben.»

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
Linkedin: kompetenz60plus.ch | facebook: wernerkruegger