Industrie 4.0

Startups sind keine Wellness-Oasen

Auszugsweise: Luzi Bernet NZZ 7.5.2016 Startups in Zürich, Jürg Müller NZZ 7.5.2016 Startup Ökosystem

Harte Arbeit als Voraussetzung zum Erfolg
Hervé Lebret, verantwortlich für Jungunternehmer-Stipendien an der eidgenössischen Hochschule in Lausanne (EPFL) schreibt über seine Erfahrungen. Wenn er Büros von Startups in den USA besuche, dann herrsche dort eine angespannte und arbeitsame Atmosphäre. In der Schweiz hingegen scheine es manchmal mehr um eine stilvolle Lokalität und guten Kaffee zu gehen. Das ist natürlich bewusst überspitzt und provokativ formuliert. Doch es zeigt die Gratwanderung auf: Der Aufbau eines funktionierenden Ökosystems für Startups darf nicht in der Einrichtung einer Wellness-Oase für Jungunternehmer enden. Schliesslich müssen sich diese auf dem Markt beweisen, und dort bläst einem bekanntlich der kalte Wind des globalen Wettbewerbs entgegen.

Die Rolle der Hochschulen
Der amerikanischer Unternehmer Paul Graham meinte jüngst zur Frage, was eine Universität für ein Startup-Ökosystem tun könne: eine bessere Universität werden. Je hochstehender die Forschung sei, desto talentiertere Studenten ziehe eine Hochschule an. Abgesehen davon müsse man als Universität nur möglichst aus dem Weg gehen. Das bedeute, dass man den Studierenden viel Freiraum bei den Urlaubssemestern und der Kurswahl geben sollte. Vorlesungen über das Unternehmertum brächten derweil nicht viel, das unternehmerische Handwerk müsse man sich in der Praxis aneignen.

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Unternehmergeist, Mut, Risikobereitschaft.
Startups sind aber eigentlich «nur» eine Wette auf eine verheissungsvolle Zukunft. Sie haben zwar häufig interessante Geschäftsideen, aber nicht immer taugliche Geschäftsmodelle. Einmal abgesehen von den politischen Hindernissen ist die Startup-Debatte nur von Gutem für die Schweiz. Denn es geht dabei auch um Mentalitäten und Einstellungen und damit um den Blick auf das Wesentliche. Die Diskussion befördert jene Eigenschaften an die Oberfläche, die die Schweiz gross gemacht haben: Unternehmergeist, Mut, Risikobereitschaft. Während es bei den etablierten Firmen am «Hunger nach mehr» fehlt und sich eine gewisse Bequemlichkeit eingespielt hat, sind  «hungrige» Startups gute Aushängeschilder, nicht zuletzt für die nachwachsende Generation. Ihre Energie wirkt ansteckend. Schon heute kann man feststellen, dass immer mehr Studentinnen und Gymnasiasten völlig unbelastet unternehmerische Konzepte entwickeln, sei es in der Gastronomie oder in der sogenannten Kreativwirtschaft. Gewiss: Nicht alles gelingt; und nicht alles, was glänzt, wird zu Gold. Doch das sind Binsenwahrheiten. Auch in der Schweiz soll man ohne Stigmatisierung scheitern dürfen.

Beratung von Startups
Die Beratung von Startups ist auch eine Aufgabe der älteren Generation ohne persönlichen oder finanziellen Leistungsdruck. Mentoring oder Coaching hilft Visionen zu schärfen, Vertrauen aufzubauen und aus einem breiten Erfahrungsspektrum Situationen neutral bewerten. Das Machbare muss im Vordergrund stehen, positives Denken und Freude am Erreichbaren muss den vielen Zauderern und Besserwissern entgegenhalten.

Dieses Potenzial gilt es zielgerichtet zu unterstützen, auch wenn der Erfolg auf Anhieb nicht immer gegeben ist.