Industrie 4.0

#323 – KI verändert unsere Weltsicht

Eine neues Weltbild entsteht
Wir «Alten» sollen länger arbeiten und unsere Erfahrung weiterhin in die Wirtschaft einbringen. Unzählige Gruppierungen, Institutionen und Verbände buhlen um unsere Aufmerksamkeit für das Arbeiten im Alter, der Gestaltung unserer Zeit nach der Pensionierung oder die Vorbereitung auf den «Ruhestand». Wir wurden noch ohne Internet sozialisiert und mussten unsere Erfahrung als junge Menschen durch Auslandaufenthalte erwerben. Die Berufswahl war für viele eine Entscheidung fürs Leben und fiel deshalb mehr oder weniger wohl überlegt aus. Unser Weltbild wurde von zwei Supermächten geprägt, Demokratie gegen Kommunismus. In seinem TED-Talk (14:59) spricht der amerikanische Politikwissenschafter Ian Bremmer (53) von der neuen globalen Supermacht der grossen Tech-Konzerne, die heute unser Leben bestimmen. Als er 1989 Student war und die Mauer fiel, waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Demokratieexporteur der Welt. Nicht immer erfolgreich. Oft heuchlerisch. Aber Nummer eins trotzdem. Heute sind die Vereinigten Staaten zum Hauptexporteur von Werkzeugen geworden, die das Potenzial haben, die Demokratie zu zerstören. Bei diesen explosiven und disruptiven Technologien gibt es keine Pause-Taste oder einen Reset-Knopf. Millionen von Menschen mit den unterschiedlichsten Wertvorstellungen arbeiten an deren Weiterentwicklung. Vor dieser Realität dürfen wir «Alten» uns nicht verschliessen, um weiterhin im Arbeitsprozess bestehen zu können.

Fundstück – German Architects Newsletter 14. Juni 2023:
Jakow Tschernichow (1889–1951), Architekturfantasie: Ansicht eines Kraftwerks, Tuschezeichnung 1920er- Anfang der 1930er-Jahre.

Die KMU-Landschaft verändert sich
Im BCG Boston Consulting Group Newsletter vom 14. Juni bemerken Vinciane Beauchene, Nicolas de Bellefonds, Sylvain Duranton, und Steven Mills, wie die explosionsartige Beliebtheit von ChatGPT und anderen Formen generativer KI (künstlicher Intelligenz) darauf schliessen lässt, dass wir den Beginn einer neuen Ordnung für Wirtschaft und Gesellschaft erleben. In ihrem Beitrag stellen sie fest, wie die heutige generative KI-Strategie die Zukunft für KMU verändern kann. Der Fokus liegt heute vielleicht auf Produktivitätssteigerungen und technischen Einschränkungen, aber eine Revolution bei der Innovation von Geschäftsmodellen steht bevor. Um die Gedanken, Gefühle und Ängste der Mitarbeitenden in Bezug auf KI zu verstehen, haben die Autoren fast 13’000 Menschen in 18 Ländern befragt – von Führungskräften in der Chefetage bis hin zum mittleren Management und den Leuten an der Front. Die Umfrageteilnehmenden sind hinsichtlich der KI eher optimistisch als besorgt, erwarten aber für die neue Ära Schulungs- und Weiterbildungs-möglichkeiten. Regelmässige Nutzer generativer KI erkennen das transformative Potenzial der Technologie, sowohl zur Verbesserung aber auch in der Bedrohung ihrer Arbeit. 71% der Befragten glauben, dass die Vorteile generativer KI die Risiken überwiegen, wobei mehr als ein Drittel aller Teilnehmenden glaubt, dass ihr Arbeitsplatz innerhalb der nächsten zehn Jahre wegfallen wird.

Refik Anadol (38), Türkisch-Amerikanischer Medien-Künstler und Designer an der Art Basel 2023. Bild: Maschinell, von künstlicher Intelligenz erschaffene Projektion, BaslerZeitung

Die soziologische Herausforderung von KI und der Fachkräftemangel
Für Dr. Urs Wiederkehr, Leiter Fachbereich Digitale Prozesse beim SIA Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, ist die digitale Transformation keine rein technische, sondern eine soziologische Herausforderung. Sie fordert von uns Menschen oft mehr, als wir bereit sind zu geben und führt daher zu zwischenmenschlichen Schwierigkeiten anstatt nur technischen. Seit der industriellen Revolution hat die Technologie Arbeitsplätze verdrängt und neue geschaffen. Stellt die generative KI nun eine Fortsetzung dieses Trends oder eine andere Art von Veränderung dar, fragt Julia Dhar im Beitrag zur Zusammenarbeit von Menschen und Maschinen.

Strategie für die Zukunft
Für die Menschen ist es bedrohlich, sich vorzustellen, dass Teile oder der gesamte Job durch generative KI ersetzt werden. Als Strategie für die Zukunft schlägt Julia Dhar vor, anstatt sich auf Jobs zu konzentrieren (Fachkräftemangel), die Aufgaben zu identifizieren, für deren Ausführung die KI möglicherweise in der Lage ist – etwa die Art und Weise, wie Menschen ihre Aufgaben ausführen, und die Zusammenarbeit, die Menschen mit anderen Menschen oder Technologien haben. KI wird einige davon vollständig ersetzen und andere ergänzen, etwa Grundlagenforschung und Voranalysen. Schliesslich müssen wir auch über Arbeit reden, die von geringem Wert ist, wenig Spass macht oder gefährlich ist, wie beispielsweise bestimmte Jobs in der Fertigung. Dabei hilft uns die generative KI, einschliesslich GPT-4, Informationen schneller aufzunehmen, die analytisch korrekte Antwort zu finden und neue Fragen zu stellen, die wir uns vorher vielleicht nicht hätten vorstellen können. Beispielsweise kann eine Maschine eine Aufgabe ausführen, die dann von einem Menschen validiert wird, oder eine Maschine kann das kreative Denken eines Menschen verfeinern und herausfordern.

Art Basel 2023, LED-Lichtfries durch die Fugen der Steinfassade der Kunstmuseumsweiterung Basel von Christ & Gantenbein Architekten Basel (2016)

Die Maschine die wir nie vollständig verstehen können
Unternehmen sollten viel mehr über kreative Problemlösungen sprechen, anstatt über die technische Machbarkeit. Menschen sind erzählerische Wesen, und Führungskräfte haben die Möglichkeit, eine Geschichte zu erschaffen, welche die Daten mit den Menschen und dem Zweck der Organisation verbindet. Die Fähigkeit, ethisch und kritisch über das Verhalten einer Maschine nachzudenken, die man nie vollständig verstehen kann, ist trotzdem unerlässlich. Einige der Produktivitätssteigerungen durch technologische Verbesserungen – einschliesslich derjenigen, die E-Mail, Laptops, Mobiltelefone und Smartphones weiterentwickelten – der letzten 50 Jahre waren etwas enttäuschend, denn wir haben die von uns erwarteten Arbeitsproduktivitätsdividenden nicht realisiert (Stichwort: das Papierlose Büro). Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern beibringen, ethisch und kritisch zu denken, Mechanismen für die externe Aufsicht und Kontrolle zu schaffen und Bedenken sicher zu äussern und dafür zu sorgen, dass auf diese Bedenken eingegangen wird. Wir «Alten» nehmen darin dank unserer Seniorität, auch die Funktion des «sozialen Gewissens» und der Verantwortlichkeit war.

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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator

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