Blog, Industrie 4.0

#316 – «Alte» und die Arbeitswelt 4.0

Arbeitswelt 4.0
Wir «Alten» haben oft Mühe mit dem Rhythmus und den Regeln der neuen Arbeitswelt. Im Gespräch wird schnell klar wie schwierig es ist, bei den aktuell geltenden Gepflogenheiten den Überblick nicht zu verlieren. Vieles hat sich seit der globalen Pandemie verändert, Strukturen wurden angepasst, Geschäftsmodelle neu ausgerichtet. Einige unserer langjährigen Kontakte wurden anlässlich von Restrukturierungen wegrationalisiert, andere haben sich ganz aus der Arbeitswelt verabschiedet oder sind gestorben. In Zeiten kriegsbedingter Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit entdecken viele Unternehmen das Potenzial digitaler Transformation, um ihre Fähigkeiten und Leistungen zu stärken. John Maynard Keynes (1883-1946), britischer Ökonom, Politiker und Mathematiker meinte: «Die Schwierigkeit besteht nicht so sehr darin, neue Ideen zu haben, sondern sich von den alten zu befreien». Unter den Megatrends wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit, finden sich deshalb vor allem die Einführung künstlicher Intelligenz und hybrider Arbeitsmodelle.

Hybridarbeit ist die «neue» Realität
Tsedal Neeley, Professorin für Organisationsverhalten an der Harvard Business School, spricht im TED Talk zum Thema Fern- und Hybridarbeit als die neue Realität. Im März 2020, als die COVID-Pandemie ausbrach, entwickelte sich die Fernarbeit in Hochgeschwindigkeit. Arbeitsroutinen, die an Pendlerwege und Gebäude gebunden waren, in denen Menschen Zeit und Raum teilten, verschwanden. Viele Menschen fragten sich, was aus Teamarbeit, Kollaboration und Produktivität werden würde? Sie stellten bald fest, dass sie zu Hause mehr erreichen und die beste Work-Life-Flexibilität ihrer Karriere finden konnten. Obwohl aktuell viele Firmen ihr Personal wieder an den Arbeitsplatz zurückbeordern ist Tsedal Neeley überzeugt, dass über 70 Prozent der Mitarbeitenden eine Mischung aus persönlichen und Fern-Formaten bevorzugen, was uns zu multimodal Arbeitenden macht. Mit etwas neuem Denken und neuen Fähigkeiten sowie den Vorteilen von KI künstlicher Intelligenz lernen wir, das Büro als nur eines unter vielen Arbeitsmitteln zu nutzen. Um beim hybriden Arbeiten erfolgreich zu sein, formulierte Neeley anhand ihrer Umfragen und Analysen einige der nachfolgend erwähnten Grundsätze.

Tania Bruguera (55), kubanische Künstlerin, «List of censored Artists» 2022, Documenta 15, Kassel, DE. Bild: ©Nicolas Wefers.

Jour fixe und Spontaneität
Zwar schätzen wir Menschen die Flexibilität hybrider Arbeit, sehnen uns aber gleichzeitig nach informellen und spontanen Interaktionen. Die Koordination von Präsenztagen muss deshalb sicherstellen, dass wir uns mit unseren Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen auch treffen, wenn wir ins Büro gehen. Deshalb braucht es fixe Tage um sich informell auszutauschen. Dieses klassische Paradoxon lässt sich durch die Strukturierung unstrukturierter Zeit lösen. Zum Beispiel indem man die ersten sechs bis sieben Minuten eines einstündigen Meetings für informelle Gespräche über arbeitsfremde Angelegenheiten reserviert, nur um zu reden oder sich sogar zu beschweren. Führungskräfte müssen den Wert von informellen Gesprächen demonstrieren, indem diese von ihnen initiiert werden. Persönliche Mittagessen mit Kolleg:innen, Brownbag-Lunches, Pausen für Kaffee, Tee oder eine Happy Hour eignen sich für den spontanen Austausch.

Kommunikationswerkzeuge
Unsere digitalen Werkzeuge müssen auf unsere Kommunikationsziele abgestimmt sein. Das bedeutet eine Mischung aus möglichen Kanälen, mitunter auch der Einsatz von Kommunikationsplattformen (wie beispielsweise smino, im Baugewerbe). Zur Lösung von wirklich komplizierten Problemen ist das beste digitale Tool eines, das Diskussionen in Echtzeit ermöglicht. oder dann der analoge Telefonanruf, mit anschliessendem Gesprächsprotokoll. Wenn wir komplexe Informationen verarbeiten müssen, ist das Versenden einer E-Mail möglicherweise die beste Option, um den Leuten Zeit zu geben, den Inhalt zu überprüfen und aufzunehmen, mit der Möglichkeit später darauf zurückzukommen. Malte Kirchner beschreibt auf Heise-online vom 21. April 2023 den Einsatz von Mitarbeiter-Apps in KMUs. Nicht nur grosse Firmen, sondern auch Start-ups setzen gerne auf Custom Apps, wo sich Mechaniker, Lagerist:innen und leitendes Personal nicht von Excel-Tabelle zu Excel-Tabelle hangeln müssen, sondern auf dem Smartphone, Pad und Laptop auf eine massgeschneiderte, selbst entwickelte App zurückgreifen. Videos können grossartig sein, wenn bei heiklen Themen unsere Kommunikation emotionale Signale, wie Gesichtsausdrücke enthalten muss. Aber all die «Köpfe vor Bücherwänden» mit schlechtem Audiosignal können auch anstrengend sein.

Der Aufbau einer integrativen hybriden Kultur
Letztlich sind wir alle aufgefordert, uns für die neue Kultur einzusetzen. Top-Führungskräfte müssen vermeiden, gemischte Botschaften zu senden. Viele von uns sind für hybrides Arbeiten, während wir signalisieren, dass wir es vorziehen, alle im Büro versammelt zu haben. Führungskräfte müssen sicherstellen, dass Worte, Taten und Einstellungen mit den gewählten hybriden Arrangements übereinstimmen, um eine integrative hybride Kultur für alle aufzubauen. Dazu gehört auch das spartenübergreifende Denken, die Erstellung strukturierter Datensätze über Projekte, Teams und/oder Unternehmen hinweg, allenfalls unter Einbezug von KI. Auf keinen Fall soll man auf neue Entwicklungen und Regeln warten. Das kostet zu viel Zeit meint Maximilian Vomhof, Leiter Produkte & Geschäftsentwicklung im Startup VYZN. Besser man kombiniert Informationen aus verschiedenen Quellen und Standards, indem man sie abbildet. Anstatt sich über verschiedene Systeme, Daten und Formate zu ärgern, hilft plattformneutrales Arbeiten oder Schwarmcomputing. Schon heute ist so vieles ohne Wissenschaft oder Magie möglich, wenn die Menschen nicht an ihren altmodischen Werkzeugen und Prozessen festhalten würden. Das «Gärtchendenken» steht der Transformation hin zu einer digitaleren und nachhaltigeren Industrie merklich im Weg. Wir müssen lernen, auch von anderen zu lernen, insbesondere im Bereich der sich schnell entwickelnden Technologie.

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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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