Das Interview
Elisabeth Gehrig Zahnd (64) arbeitet seit kurzem bei FocusFuture, einem Netzwerk zur Gestaltung des dritten und vierten Lebensabschnitts, als Community-Managerin. Um uns «Alte» besser zu verstehen hat sie mit Männern und Frauen dieser Altersgruppe Interviews geführt. Einen ersten Beitrag mit meinen Antworten auf ihre Fragen publizierte sie am 6. Januar 2023 auf LinkedIn.
🟡 Was möchtest du in deinem Leben noch tun? Hast du für dein Leben einen Plan gemacht?
Im Alter schrumpft die eigene Zukunft, schrieb der Philosoph Ludwig Hasler (76). Es lohnt sich darum immer weniger, in sie zu investieren. In die Zukunft anderer jedoch umso mehr, Junge fördern, als Mentor, die entwickeln sich dann natürlich grossartig.
🟡 Möchtest du etwas Neues kennenlernen?
Erfahrungen beschreiben immer Vergangenes. Als Avantgardist im Team helfe ich gerne mit, das Zukünftige zu gestalten. Meine Leidenschaft kreist um die Digitalisierung unserer Gesellschaft. Und da freue ich mich natürlich auf neue Erkenntnisse.
🟡 Was macht dich glücklich und zufrieden?
Mein Leben besteht aus Ritualen, welche den Tag oder die Woche strukturieren. Es macht mich glücklich, an Wochentagen jeden Morgen ein paar Stunden am Laptop zu verbringen und am Nachmittag geniesse ich voller Zufriedenheit meinen Kaffee in einem meiner Lieblingsorte in der Stadt, beim Lesen einer Papierzeitung. Am Wochenende gilt der Rhythmus mit der Familie.
🟡 Wie fühlt sich Älterwerden an?
Vorausgesetzt wir «Alten» sind bei guter Gesundheit und klar im Kopf, fühlen wir uns jünger als wir sind. Dabei versuche ich den Vergleich von Vergangenheit und Gegenwart möglichst zu vermeiden, denn früher war nicht immer alles besser.
🟡 Woran sollen sich deine Familie und Freunde erinnern, wenn sie an dich denken?
Schwierige Frage. Man schätzt sich selbst meist falsch ein und ist oft erstaunt, wie Andere über einen denken. Ich hoffe dabei auf Nachsicht. Meine grösste Angst ist, dass sich niemand zu meiner «Abdankungsfeier» (?) einfindet, wo immer auch die ist. Deshalb lebe ich als gäbe es den Tod nicht.

Helfen «Alte» beim Fachkräftemangel?
Der Beitrag im Lokalfernsehen am Jahresende zum Thema «Fachkräftemangel» gibt zu denken. Ein Garten-Center sucht verzweifelt Mitarbeitende und rühmt sich dabei, auch Menschen über fünfzig eine Chance geben zu wollen. Schon zwei Bewerbungen seien bis dato eingegangen, die man prüfe! Das Klischee der pensionierten «Hobbygärtner:innen», der Schrebergarten- und Einfamilienhäuschenbesitzer:innen drängt sich auf, die sich gerne in der Natur aufhalten. Da scheint grosses Potenzial vorhanden zu sein, das man offenbar nicht erreicht. Wir leben in einer Gesellschaft wo Fünfzigjährige schon zum alten Eisen gehören und schwer vermittelbar sind. Liegt es an der Unternehmenskultur, an starren Arbeitszeitmodellen oder am strengen körperlichen Einsatz, dass Personen über 50 nur in Notlagen gefragt sind?
Hinterfragen wir den Status quo
Im Absatz «Geschäftsideen und Strategien für 2023», Blog #300 – A U S B L I C K 2023 findet sich der Hinweis, wie die Software ChatGPT innert Sekunden ein Dutzend qualitätsvoller «Geschäftsideen und Strategien» formulierte, um unser Lernen zu beschleunigen, generatives Denken zu üben, seine Karriere zu verbessern und vorhandene Stärken für die Zukunft der Arbeit zu nutzen. Mobile Geschäftsmodelle, Automatisierung, Roboter, online Verfügbarkeit, Innovationskultur, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Umwelt, Kundenzentrierung oder die Nutzung von Datenbanken sind nur einige Themen, welche in die Überlegungen zur Organisation eines Garten-Centers einfliessen müssten. Festhalten am Staus quo ist mittelfristig keine Option.

Lernfähigkeit bleibt bis ins hohe Alter erhalten
Doch weshalb zählen wir Menschen über 50 (!), mit einer statistischen Lebenserwartung von 85 Jahren bereits zu den «Alten»? Im Interview spricht Dorothee Vögeli, NZZ vom 21. Dezember 2022 über das Leben im Alter mit Dr. phil. Bettina Ugolini (60), Leiterin Beratungsstelle LiA Leben im Alter, Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich. Obwohl sie sich selbst die Frage so nie stellt, gehört Bettina Ugolini anscheinend zu der Bevölkerungsgruppe, die als alt gilt. Sie fühlt sich jedoch nicht ihrem chronologischen Alter entsprechend – obwohl sie als junge Frau dachte, mit sechzig müsse man sich dann auch anders fühlen. Wie die Menschen altern, wie sie mit Veränderungen umgehen, ist sehr unterschiedlich und individuell. Die einen sagen nach einem bewegten und vielleicht auch gestressten Berufsleben: Jetzt möchte ich Ruhe, ich ziehe mich aufs Land zurück. Andere fürchten, nach der Pensionierung zu vereinsamen, und sagen: Jetzt erst recht ins Gewusel! Viele ältere Menschen fühlen sich jünger, als sie sind, obwohl auch der Geist nicht so bleibt wie er war. Unser ganzer Körper altert und das Gehirn gehört dazu. Die Geschwindigkeit, Informationen zu verarbeiten, verlangsamt sich. Aber unsere Lernfähigkeit bleibt bis ins hohe Alter erhalten – sofern man nicht an einer Demenz erkrankt.
Mithalten mit aktuellen Entwicklungen
Würde die Lernfähigkeit schwinden, wären alle Menschen im Alter unglücklich, denn sie müssen sich dauernd neuen Lebenssituationen anpassen. Wir «Alten» verfügen über einen riesigen Rucksack an Ressourcen und Kompetenzen. Das hilft uns, mit neuen Lebensphasen klarzukommen, trotz negativer Altersbilder wie Demenz und Pflegebedürftigkeit. Die «Alten» seien bloss ein Kostenfaktor, heisst es in den Schlagzeilen. Die Frage stellt sich, zu welcher Gruppe man wohl gehört. Die eigene Endlichkeit macht oft Angst, wenn man sich von Möglichkeiten verabschieden muss obwohl einem noch vieles, aber eben nicht mehr alles offen steht. Ein Problem unserer Gesellschaft ist die zunehmende Rücksichtslosigkeit gegenüber uns «Alten» und das rasante Tempo aktueller Entwicklungen, das jedoch schon unsere Eltern beklagten.
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Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
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