«Arbeit gibt dir Sinn und Zweck, und das Leben ist leer ohne sie.»
Stephen Hawking (1942-2018)
Warum sollten wir in Pension gehen, wenn wir unsere Arbeit lieben?
Es wird viel über geschlechterspezifische, rassistische und kulturelle Vorurteile bei der Arbeit gesprochen, und das ist aus vielen Gründen wichtig. Aber vielleicht ist eine der grössten und problematischsten Arten von Voreingenommenheit, mit der wir konfrontiert sind, die Voreingenommenheit gegenüber uns «Alten»: Wir bewerten Menschen zu oft nach ihrem Alter, und dies ist eine grosse Herausforderung am Arbeitsplatz. Josh Bersin and Tomas Chamorro-Premuzic beleuchten in der Onlineausgabe der Harvard Business Review vom 26. September 2019, mögliche Gründe für diese Stigmatisierung. Im Auftrag des Wirtschaftsprüfers Deloitte Touche Tohmatsu Ltd, befragten die Autoren dazu rund 10’000 Unternehmen. Mehr als zwei Drittel der Firmen sehen im höheren Alter der Mitarbeitenden einen Wettbewerbsnachteil. Zwei Drittel der Personen im Alter von 45 bis 74 Jahren haben daher altersbedingte Diskriminierung erfahren, sie gelten wahrscheinlich als weniger versiert, weniger anpassungsfähig oder weniger bereit, die Ärmel hochzukrempeln und etwas Neues zu tun, als ihre jüngeren Arbeitskolleg:innen. Auch Mark Zuckerberg (38), CEO von Meta (facebook) ist der Meinung, dass «jüngere Menschen schlauer sind». Eine ganze Medien- und Verlagsbranche, verherrlicht die Jugend. (Mein persönlicher Verdacht dazu: Es handelt sich um eine (Trotz-)Reaktion auf die meist viel älteren männlichen Kritiker, welche mit den Erfolgen junger Menschen ihre Mühe haben).

Ältere Arbeitnehmende sind oft erfolgreicher
Unsere Lebenserwartung beträgt heute im Schnitt 80 Jahre und gleichzeitig geht die Geburtenrate in den Industrieländern unter die Reproduktionsrate zurück. Das bedeutet, dass unsere Volkswirtschaft nur durch Produktivitätssteigerungen oder Einwanderung wachsen kann. Um die Altersdiskriminierung und den Schaden, den sie unserer globalen Wirtschaft zufügen könnte, wirklich zu überwinden, müssen Unternehmen handeln. Schaffen sie ein integratives, faires und sinnvolles Erlebnis für ältere und jüngere Mitarbeitende, werden die Unternehmen im Laufe der Zeit innovativer, ansprechender und profitabler, was auch der Gesellschaft insgesamt zugute kommt (das Gegenteil davon demonstriert gegenwärtig die Credit Suisse AG). Entgegen der landläufigen Meinung zeigt die Forschung, wie ältere, fest angestellte Menschen, oft erfolgreichere Unternehmer sind. Die über 40-Jährigen gründen aufgrund ihrer geduldigen, kooperativen Art und ihres Mangels an einer «Muss-mich-beweisen-Mentalität», die junge Menschen oft begleitet, mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreiche Unternehmen.
Keine Altersgrenze beim Lernen neuer Dinge
Bestehende Karrieresysteme, Vergütungssysteme und Rekrutierungs- und Bewertungssysteme sind gegen die Einstellung älterer Menschen konzipiert. Viele Unternehmen glauben, dass ältere Menschen «überbezahlt» sind und durch jüngere Arbeitnehmende ersetzt werden sollen, die den Job genauso gut machen können. Die Jungen rennen vielleicht schneller, aber wir «Alten» kennen den Weg, sagte Marco Solari (78), Präsident des Internationalen Filmfestivals von Locarno, 2022 im Interview. Die Inputs von uns «Alten» seien nützlich, meint er, auch wenn wir die Sprache unserer Enkelkinder nicht mehr verstehen. Das Mentoring soll in beide Richtungen funktionieren. Durch «Reverse-Mentoring» können jüngere Führungskräfte, auf Augenhöhe mit den «Alten», diese beispielsweise mit den digitalen Abläufen vertraut machen. Bei den meisten Menschen nimmt die mentale Leistung nach dem 30. Lebensjahr ab, aber Wissen und Fachwissen – die wichtigsten Prädiktoren für die Arbeitsleistung – nehmen auch nach dem 80. Lebensjahr weiter zu. Wenn es um das Lernen neuer Dinge geht, gibt es einfach keine Altersgrenze, und je intellektuell engagierter die Menschen im Alter bleiben, desto mehr tragen sie zum Arbeitsmarkt bei. Eigenschaften wie Bescheidenheit, Tatendrang oder Neugier, die Katalysatoren für den Erwerb neuer Fähigkeiten, sind selbst im späten Erwachsenenalter immer noch vorhanden.
Wie können Unternehmen von älteren Arbeitnehmenden profitieren?
«Alte» verleihen in gemischten Teams ein Gefühl von Sicherheit und Weisheit. Neben den Werten und Kompetenzen, die ältere Mitarbeitende in die Belegschaft einbringen können, gibt es die Tatsache der kognitiven Vielfalt. Nur wenige Dinge von Wert wurden jemals von Einzelpersonen erreicht, die alleine arbeiteten. Die überwiegende Mehrheit unserer Fortschritte – ob in Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst oder Sport – ist das Ergebnis koordinierter menschlicher Aktivitäten oder von Menschen, die als Einheit zusammenarbeiten. Der beste Weg, die Teamleistung zu maximieren, besteht darin, die kognitive Vielfalt zu erhöhen, was wesentlich wahrscheinlicher ist, wenn Menschen unterschiedlichen Alters (und Erfahrung) zusammen arbeiten. Ältere Menschen brauchen, gemäss der Studie von Josh Bersin and Tomas Chamorro-Premuzic, Titel und Rollen, Führungsrollen, Vorgesetztenrollen und Mentorenrollen, in denen sie ihr Fachwissen einbringen können. Es ist auch in Ordnung, wenn eine ältere Person weniger Geld verdient als eine jüngere. Gefragt ist eine Lohngerechtigkeit nach Lebenssituation, Job und Stufe, nicht nach Jahren der Betriebszugehörigkeit oder dem biologischen Alter.
«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung aus der analogen, zusammen mit Erkenntnissen aus der digitalen Welt, sind wir «Alten» gerne bereit, diese mit KMU’s oder im Team mit jungen Forschenden und Wissenschaftern auf Augenhöhe zu teilen. Suchen Sie einen Mentor, eine Mentorin oder Coach, «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!
Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator
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