Blog, Industrie 4.0

#236 – Auch «Alte» arbeiten aus der Ferne

Der Arbeitsplatz der Zukunft
Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und schätzen gewisse Fixpunkte in unserem Alltag. Und doch können ein neues Umfeld, neue Aufgaben oder neue Gewohnheiten von Zeit zu Zeit beflügeln und frische Energien freisetzen. Für uns «Alte» entstehen aktuell Arbeitsmodelle, die auch im Bezug auf unsere (oft altersbedingt eingeschränkte) Mobilität von grossem Interesse sein dürften. COVID-19 hat uns gezeigt, wie schnell es Organisationen schafften, mehr als 90% ihrer Mitarbeiter aus der Ferne arbeiten zu lassen. Mit den derzeitigen Lockerungen und einer boomenden Wirtschaft, entstehen unerwartete Personalengpässe. Führungskräfte überlegen sich deshalb, wie das Arbeitsumfeld der Zukunft aussieht. Viele denken an einen bewussten «Tapetenwechsel» und entscheiden sich für eine zeitgemässe Arbeitsumgebung, wie man sie beispielsweise in Coworking oder Serviced-Office-Konzepten antrifft. Solche Angebote stehen rund um die Uhr mit unterschiedlichen Arbeitsplätzen zur Verfügung, zwischen denen man frei wählt – je nachdem, welche Aufgaben gerade anstehen. Die Vorstellung, dass alle von uns für «Tech-Jobs» erfahrene Programmierer sein müssen, greift ebenfalls zu kurz. Strategien für den Einstieg in die Technologiebranche ohne technischen Hintergrund, umfassen deshalb die persönlichen Positionierung und eine Portion Offenheit und Neugier. Mit weniger rigiden Rahmenbedingungen wollen die Unternehmen dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Firmen und ihre Mitarbeitenden werden flexibler
In einer in 2020 von BCG durchgeführten Studie zum «Workplace of the Future» zeigt sich, dass die meisten Unternehmen glauben, dass ihre zukünftige Belegschaft viel weiter entfernt sein wird als je zuvor. (Elizabeth Kaufman, Deborah Lovich, Allison Bailey, Reinhard Messenböck, Felix Schuler, und Abhishek Shroff, BCG Boston Consulting Group vom 30 Juni 2020). Sie erwarten, dass 40% der Mitarbeitenden ein Fernarbeitsmodell nutzen, oder in Hybridmodellen arbeiten werden, also Fern- und Vor-Ort-Arbeit kombinieren. Künftig werden wir also nach persönlichen Bedürfnissen und aktueller Lage zwischen Home-Office, Fernarbeit und Büroarbeitsplätzen hin und her wechseln. Kommerzielle Mietflächen, welche die Zusammenarbeit ermöglichen, bieten gemütliche Bistros für den ungezwungenen Austausch, Besprechungsräume für Gruppendiskussionen und ruhigere, geschützte Einzelarbeitsplätze. Nach getaner Arbeit geniesst man noch ein Feierabendbier an der hauseigenen Bar, denn die besten Ideen kommen bekanntlich nicht immer am Schreibtisch.

Playtime, Directed by Jacques Tati, Frakreich • 1967

Nachhaltige Visionen für die Zusammenarbeit
Fernarbeit kann so strukturiert werden, dass Mitarbeitende ihre Zeit zwischen extern und einem Arbeitsplatz aufteilen, in wechselnden Wochen oder nach einem rotierenden Zeitplan. Zu bestimmten Zeiten sollten alle physisch anwesend sein, um gemeinsame Ziele zu besprechen. Oder ein Unternehmen könnte ein «Work-from-anywhere-Modell» wählen, bei dem Mitarbeitende die ganze Zeit aus der Ferne arbeiten, aber dennoch jederzeit jeden Arbeitsplatz besuchen können, wenn sie dies zum Zweck der Zugehörigkeit tun möchten. Stichwörter sind: Kundeninteraktion, spezielle Geräte und Einrichtungen, Qualitätskontrollen und Beaufsichtigung, Zusammenarbeit und Interaktion, auch mit Blick auf Innovationen. Fairerweise muss erwähnt werden, dass viele Remote-Teams während der Pandemie produktiv zusammengearbeitet und Innovationen entwickelt haben.

Ehrgeizige Ziele setzen
Die Ambition für die Fernarbeit ist ein Schritt hin zu einer Neuausrichtung dessen, was Arbeit in Zukunft sein kann und sollte. Ehrgeizige Ziele, ohne richtige Planung, führen nicht immer zum Erfolg aus der Ferne, da wir uns mit den neuen digitalen Werkzeugen vertraut machen müssen. Ohne Training, Coaching und Zeit, um alle Tricks zu lernen, wird dies zur Feuerprobe. Das Studium hocheffektiver Teams und ihres Verhaltens, ihrer Routinen und der Verwendung von Tools kann Managern im gesamten Unternehmen dabei helfen, diese Fähigkeiten teamübergreifend zu skalieren. Menschen müssen bewusst üben, neue Gewohnheiten und Muskeln aufbauen, um den vollen Wert jeder Veränderung zu nutzen. Nicht zu vergessen, die Cybersicherheit und interne Datensicherheit. Nur 30 % der Cybersicherheit sind Technologie. Die anderen 70 % sind Kultur, Verhalten und Bewusstsein.

Produktivitäts- und Leistungsmanagement
Teams und Führungskräfte müssen Zeit für Momente der Spontaneität finden, um sich bei Kolleg*innen zu melden. Sie müssen sicherstellen, dass sie den Mitarbeitenden vor Ort sowie den Fernarbeitenden vergleichbare Aufmerksamkeit widmen. Präsent zu sein ist nicht dasselbe wie effektiv und produktiv zu sein. Unternehmen mögen in der Vergangenheit Präsenz mit Leistung implizit verbunden haben, aber sie waren gezwungen, diese Vorstellung in der neuen abgelegenen Umgebung zu ändern. Fern-Arbeit hat dazu beigetragen, Leistungskennzahlen (wie Stundenlisten) von Inputs zu Outputs zu verlagern. Führungskräfte müssen auch einen Prozess einführen, um zu überprüfen, wie Beförderungen, Boni und Gesamtleistungsbewertungen zwischen Fern- und Vor-Ort-Mitarbeitenden verglichen werden.

George Clair Tooker, Jr. (1920 – 2011), Landscape with Figures 1965

Eine neue Unternehmenskultur
Wenn viele aus der Ferne arbeiten, müssen Führungskräfte neue Wege finden, um sich zu verbinden und virtuelle soziale Intimität aufzubauen. COVID-19 hat die Wettbewerbsbedingungen für Remote- und Flex-Mitarbeitende geebnet. Sie kämpfen nicht mehr darum, in einem Meeting gehört zu werden, oder verpassen Flurgespräche und die soziale Bindung, die vor und nach den Meetings stattfindet. Auch das Verhältnis zwischen Unternehmensführung und Belegschaft ist seither anders. Führungskräfte sitzen nicht mehr in ihren einschüchternden Chefetagen. Sie sind von zu Hause aus auf dem Bildschirm zu sehen, mit Kindern und Haustieren im Hintergrund und brauchen wie alle anderen auch einen Haarschnitt. Die Mitarbeitenden von morgen sind genauso wichtig wie die von heute. Deshalb muss die Rekrutierung und die Einführung von neuen Mitarbeitenden, an die Fern-Umgebung angepasst sein. Führungskräfte müssen auch sicherstellen, dass Regeln und Vorschriften im gesamten Unternehmen ausgetauscht werden, um einen standardisierten Ansatz und klare Erwartungen an die Zukunft zu ermöglichen.

«kompetenz60plus.ch»
Mit unserer Erfahrung und Engagement aus der analogen Welt sind wir «Alten» gerüstet, im Team zusammen mit dem digitalen Wissen der «jungen Wilden», Prioritäten und Ideen mit Engagement und auf Augenhöhe in Ergebnisse umzusetzen. «kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


Ein Projekt «von uns. für uns.»
Web: kompetenz60plus.ch I Mail: werner@kompetenz60plus.ch I
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