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Flüchtlinge als Chance

Angefangen hat die Diskussion mit der unglaublichen Geschichte des Chinesischen Backpackers im letzten Monat. Dieser hatte versehentlich einen Asylantrag unterzeichnet, nachdem er der Polizei seine Brieftasche als verloren gemeldet hatte. Er war nur in der Lage, den Fehler zu klären und seinen Pass zurückzuerhalten nachdem er 12 Tagen in einer Deutschen Flüchtlingsunterkunft verbrachte. Die Geschichte ging um die Welt.

Endlose Warteschlangen, unübersichtlicher Papierkram, unaussprechliche deutsche Wörter – die Hürden für jeden Neuling in Europas grösster Volkswirtschaft können entmutigend sein. Sechs Syrische Flüchtlinge versuchen seit Februar 2016 das Dickicht der Bürokratie mit dem diese in Deutschland konfrontiert sind, mittels einer App verständlich zu machen.

«Bureaucrazy»
Das Bürokratie-Team besteht aus angehenden Programmierern der Berliner ReDI School of Digitale Integration, eine Non-Profit-Organisation, welche sie beim Codieren und im Unternehmertum unterstützt. Die erste Klasse begann im Februar mit 42 Studenten von denen 35  im Juni mit einem Diplomen ausgezeichnet wurden. Zusammen haben sie «Bureaucrazy» entwickelt, um den oft kafkaesken Prozess der Wohnungssuche, Gesundheitsversorgung oder die Eröffnung eines Bankkontos zu meistern.

«Mietschuldenfreiheitsbescheinigung» (Beweis, dass keine Miete aus einer frühere Wohnsituation geschuldet ist) gehören zu den teuflischen Zungenbrechern für Asylanten. Während der Markt mit übersetzungs Apps überflutet ist, sah das Team ein Potenzial für eine Plattform welche Downloads der erforderlichen Dokumente anbieten könnte, Karten mit Standorten der zuständigen Stellen und Erklärungen zu häufig gestellten Fragen.

Auch Deutsche beurteilten die App als hilfreich, da auch sie oft vom Jargon der amtlichen Korrespondenz überfordert sind. Das Team hatte Anfang Juni eine erfolgreiche Demonstration im Berliner Startup Europe Summit. Anne Kjaer Riechert, der CEO und Mitbegründer von ReDI vermutet in Deutschland schätzungsweise 43.000 offene Stellen im IT-Bereich und dabei mit den Flüchtlinge ein ungenutztes Potenzial besteht. Erst gestern wurde bekannt, dass auch in der Schweiz etwa 10’000 IT Stellen, trotz Arbeitslosigkeit unter den «Inländern», nicht zu besetzen sind.

Autohersteller Mercedes-Benz hat das Potential dieser «Fremden» erkannt und platziert qualifizierte Asylbewerber als Praktikanten im Betrieb, um Ideen für zukünftige digitale Verkaufspunkte zu entwickeln. Das Bürokratie-Team hat in der Hoffnung für einen Januar-Launch der App eine Crowdfunding -Seite eröffnet.

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