Blog, Industrie 4.0

#207 – Testen statt Jammern

Eine Nation im «Blindflug»
«Eigentlich finde ich es erstaunlich, dass du jede Woche einen Blog schreiben kannst – der Lockdown hat deine Kreativität nicht beeinträchtigt!» kommentierte ein Kollege letzte Woche in seiner Email. Nicht das Schreiben ist meine Herausforderung, sondern ob diese Beiträge je gelesen werden. Rückmeldungen erhielt ich in der Vergangenheit in persönlichen Treffen, welche nun seit Monaten suspendiert sind. Angefangen hat es im November 2020 und seit Februar 2021 ist meine Agenda definitiv fast leer. Veranstaltungen wurden auf unbestimmte Zeit verschoben, finden aus Kosten- oder Organisationsgründen auch nicht mehr digital statt, die Unternehmen sind mit sich selbst beschäftigt. Zum Glück sind nicht alle Sektoren durch die Pandemieverordnungen gleich stark betroffen. Bekannterweise läuft die Wirtschaft mehr oder weniger «normal» weiter. Seit bald einem Jahr wissen wir auch mit Bestimmtheit, dass Testen und eine rigorose Kontaktverfolgung ein Weg aus der gegenwärtigen Ungewissheit wären, doch wir befinden uns als Nation immer noch im «Blindflug». Die digitale Verfolgung von Infektionsherden (Covid-19-App) bleibt Wunschdenken, aus welchen Gründen auch immer. Im Beitrag der BCG Boston Consulting Group vom 5. Februar 2021 klären Bob Lavoie, Kristen Cook, Vladislava Chalei, Joshua Warren, Barry Rosenberg und Ali Akbar vier Missverständnisse zu Coronavirus-Tests.

Vampire II, 1896, von Edvard Munch. Bild: Henie Onstad Kunstsenter

Nicht alle Tests sind gleich
Beim Testen geht es um viel mehr als um die Entscheidung, ob ein Nasen- oder Rachenabstrich verwendet werden soll. Zu den Coronavirus-Testattributen gehören Geschwindigkeit, Empfindlichkeit, Spezifität, Kosten, Durchsatz und Probentyp. Verschiedene Testmodalitäten eignen sich am besten für bestimmte Anwendungsfälle. Beispielsweise ist der PCR-Test (Molecular Polymerase Chain Reaction), der als Goldstandard gilt, hochempfindlich und spezifisch, was ihn ideal für Diagnose und Triage macht. Die Durchführung des Tests, für den eine Laboranalyse erforderlich ist, benötigt jedoch Zeit, was zur Überwachung der Gesundheit der Bevölkerung weniger effektiv ist. Umgekehrt wird der Antigen-Schnelltest gewählt, wo schnelle Ergebnisse zur Prävalenz des Coronavirus in einer bestimmten Region gewünscht sind, obwohl der Test mit grösserer Wahrscheinlichkeit ein falsches Negativ erzeugt.

Testen ist kompliziert
Das Testen umfasst eine komplexe Reihe von Schritten und erfordert die Koordination zwischen mehreren Partnern. Ein Testablauf ist ein hochkomplexer Prozess, der eine Koordination zwischen vielen Interessengruppen erfordert – Spitälern, Apotheken, Ausrüstungsvertrieben, Biowissenschaftsunternehmen und Labors unter ihnen. Engpässe oder Verzögerungen bei jedem Schritt können den Durchsatz und die Bearbeitungszeit begrenzen, was sich im gegenwärtigen globalen Kontext angespannter Lieferketten, inkonsistenter Testpraktiken und einer dünn gestreckten medizinischen Gemeinschaft für viele Regierungen und Gesundheitssysteme als Herausforderung erwiesen hat. Testzentren sind auf Tupfer und persönliche Schutzausrüstung angewiesen, ebenso wie Labors auf kritische Komponenten angewiesen sind, um das Vorhandensein des Virus festzustellen. Während des gesamten Prozesses werden geschulte Mitarbeitende benötigt, von der Probenentnahme bis zur Ergebnisberichterstattung. Neue Technologien zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität von Tests stehen weiterhin vor Herausforderungen bei der Implementierung, wie die Abwasserüberwachung, welche die Virusveränderungen in einer breiten Population frühzeitig erkennen lässt. In der Schweiz fehlt es zudem an aussagekräftigen Statistiken, am Einsatz digitaler Hilfsmittel und an der Koordination in unserem föderalistischen System.

The Scream, 1895 von Edvard Munch, Norwegischer Maler

Testen allein dämmt das Virus nicht ein
Tests müssen mit mehreren anderen Massnahmen kombiniert werden, um das Virus wirksam einzudämmen. Ein Testergebnis zeigt nur, ob das Virus zum Zeitpunkt der Probenahme nachweisbar war. Schon kurze Zeit danach kann jemand das Coronavirus unabsichtlich verbreiten. Kontakte finden unter Umständen auch im Testzentrum statt. Regionen und Gesundheitssysteme, die das Virus weitgehend zerstört oder eingedämmt haben, wissen, dass Tests, um wirksam zu sein, aggressiv durchgeführt und durch Einschränkungen ergänzt werden müssen. Soziale Distanzierung, technologiebasierte Kontaktverfolgung und die breite Verbreitung persönlicher Schutzausrüstung sind ebenso entscheidend wie gezielte Sperrmassnahmen. Unternehmen müssen Symptom-Screening implementieren und die Selbstberichterstattung fördern, um die Sicherheit der Mitarbeitenden und die Weiterführung der Betriebe zu gewährleisten.

Mit der Zulassung von Impfstoffen sind Tests weiterhin wichtig
Die Nachfrage nach Tests wird lange nach der weit verbreiteten Impfstoffverteilung hoch bleiben. Eine weit verbreitete Impfung wird wahrscheinlich viele Monate oder sogar Jahre dauern, und viele Länder verfehlen ihre ursprünglichen Verteilungsziele. Trotz des anfänglichen Versprechens der Impfstoffe ist es ungewiss, ob sie eine asymptomatische Ausbreitung verhindern können oder wie lange sie Schutz vor dem Virus bieten, was bedeutet, dass Populationen im Laufe der Zeit mehrere Dosen benötigen könnten. Es ist auch unklar, ob aktuelle Impfstoffe für alle das gleiche Mass an Immunität bieten oder ob einige demografische Gruppen, wie Kinder oder ältere Menschen, zusätzlichen Schutz erfordern. Dementsprechend müssen sich Arbeitsplätze und Regierungen auf absehbare Zeit auf Tests verlassen – mit einer Spitzennachfrage, die voraussichtlich in den saisonal betroffenen ersten Quartalen 2021 und 2022 auftreten wird. Unternehmen sollten auch Maskenmandate beibehalten und Kontaktverfolgungsprogramme fortsetzen, um die Verbreitung einzudämmen. Regelmässiges Lüften, auch bei kaltem Wetter, und die Kontrolle der Luftqualität in Innenräumen, sind einfach umzusetzende Massnahmen.

Krisenerprobte und kompetente «Alte»
«kompetenz60plus.ch» ist ein Sammelbecken für kompetente Senioren, die sich ihrer Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation bewusst sind und sich aktiv an der Diskussion über die Zukunft beteiligen wollen. Wir «Alten», Frauen und Männer, im Team auf Augenhöhe mit den «jungen Wilden», stellen unsere Erfahrung mit Leidenschaft zur Verfügung. Bitte bringen Sie sich ein und registrieren Sie Ihre Kompetenz kostenlos hier. Wir freuen uns auch über Ihre Kontaktnahme per Mail an: werner@kompetenz60plus.ch, oder hinterlassen Sie Ihren Kommentar weiter unten. Danke!

Werner K. Rüegger, dipl. Arch. SIA AIA
Projektadministrator und Initiator


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